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Medien und Gesellschaft

"Liebe Seniormanagerin von Cornelsen, sind Sie bescheuert?"

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

Mag es, gute Geschichten zu erzählen.
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Mag es, gute Geschichten zu teilen. Das tut er hier.
Mag es gar nicht, in der dritten Person über sich zu schreiben.

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Simon HurtzMontag, 23.11.2020

Die Frage aus der Überschrift ist ein Zitat aus dem Text, über dem passenderweise "Fredrich rastet aus" steht. Benjamin Fredrich ist Chefredakteur des Katapult-Magazins und hat einen gleichnamigen Verlag gegründet. Offenbar neigt er zu Wutausbrüchen: Im Juni piqte ich einen Text von Fredrich, in dem er schrieb: "Überlege deshalb, diese Rubrik nicht mehr 'Editorial', sondern 'Fredrich rastet aus' zu nennen."

Diese Überlegung hat er nun umgesetzt. Die neue Ausrast-Rubrik dient aber nicht als Beleg, dass Katapult von einem Choleriker geleitet wird. Vielmehr zeigt sie, was in der deutschen Verlagsbranche schiefläuft.

Im Sommer ging es um Hoffmann und Campe, diesmal ist Cornelsen an der Reihe. Was eine "Seniormanagerin" des Schulbuchverlags abzieht, ist wirklich dreist. Die Zusammenfassung geht so (der E-Mailwechsel enthält noch weitere unverschämte Details, für die ich den vollständigen Text empfehle):

  • Cornelsen will eine Katapult-Grafik nutzen und fragt per E-Mail nach einer (sehr umfangreichen) Lizenz.
  • Katapult ruft vergleichsweise moderate 400 Euro auf ("Wir verlangen bei großen Firmen eigentlich viel mehr Geld für eine Grafik, aber weil es ein Schulbuch ist, fordern wir nur 400 Euro.")
  • Cornelsen bietet 150 Euro an – 37,5 Prozent der ursprünglichen Forderung.
  • Katapult lehnt ab und fordert weiter 400 Euro.
  • Cornelsen droht, dass sie die Grafik einfach kostenlos nutzen, weil angeblich nur Fakten, Ländergrenzen und Fahnen verwendet würden, die "keine Schöpfungshöhe haben" und frei verfügbar seien. Die E-Mail endet mit der Frage, ob sich Katapult unter diesen Umständen nicht doch auf die 150 Euro Honorar einlassen wolle.

Wie bereits bei Fredrichs vergangenem Wutausbruch kann man über den Ton diskutieren. 11Freunde-Chefredakteur Philipp Köster schreibt etwa:

In diesem Fall sind "die Großen" offenbar eine Mitarbeiterin. Würde mir nicht reichen, um einen Verlag als Ganzes als "verschissen", "big fat", "erpresserisch" und "cashy" zu bezeichnen, für den es jetzt aber mal "aufs Maul" gibt. Aber muss jeder selber wissen.

Worüber man aber nicht diskutieren kann: Wenn sich der Schriftwechsel so zugetragen hat, wie Fredrich es beschreibt, dann verhält sich Cornelsen respektlos und anmaßend.

Juristisch kann ich die Argumentation nicht beurteilen, halte sie aber für fragwürdig. Ich ersetze einfach mal ein paar Wörter: "Sie verwenden in Ihrem Text nur kostenlos und frei verfügbare Fakten sowie Buchstaben, die für sich genommen keine Schöpfungshöhe haben. Schlussfolgernd könnten wir den Text ohne Ihr Einverständnis nutzen, da hier urheberrechtlich keine Ansprüche geltend gemacht werden können."

Klingt für mich nicht allzu überzeugend. Nach meinem Verständnis ergibt sich bei Grafiken genau wie bei Texten eine Schöpfungshöhe durch kreative Kombination verschiedener Elemente, für die einzeln kein urheberrechtlicher Schutz besteht, in der Summe aber schon.

Unabhängig davon, ob Cornelsen einen Rechtsstreit gewinnen könnte – moralisch verliert der Verlag auf jeden Fall. Deshalb überlasse ich Fredrich das letzte Wort:

Sie haben hier nun aber die falschen Leute adressiert. Vielleicht denken Sie, wir sind wirklich nur ein kleiner Verlag aus einer kleinen Stadt, aber Sie täuschen sich. Wir sind KATAPULT aus Greifswald, und wir geben überheblichen Idiotenverlagen kompromisslos aufs Maul! Rechtlich und öffentlich – alles, was geht!
"Liebe Seniormanagerin von Cornelsen, sind Sie bescheuert?"

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Kommentare 7
  1. Michael Praschma
    Michael Praschma · vor mehr als 3 Jahre

    @Bernd und @Marcus: Na ja, "toxisch" und so… Wenn es jetzt um einen Zwist auf Facebook ginge, in Sachen Covid-19 oder Flüchtlingspolitik, da bin ich für verbale Mäßigung. Hier liegt der Fall anders, finde ich. Cornelsen kackt konzernmäßig auf die fehlende Schöpfungshöhe herunter, aber so richtig, in der Form maßvoll, in der Sache absolut unverschämt. Da kann – und sollte – man durchaus mit den Worten antworten, die Cornelsens Aussage in Wirklichkeit korrekt widerspiegeln.

  2. Maximilian Rosch
    Maximilian Rosch · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

    Jetzt hat sich Cornelsen entschuldigend gemeldet https://twitter.com/co... und Katapult nimmt an, macht aber einen Meme-Wettbewerb draus https://www.instagram....

  3. Bernd Oswald
    Bernd Oswald · vor mehr als 3 Jahre

    in der Sache kann in den Katapult-Ärger nachvollziehen, im Ton nicht. "Fortiter in re, suaviter in modo", war da mein erster Gedanke. Mit dem harschen Tonfall tun sie sich sicher keinen Gefallen. Und auch der Schritt, immer jeden Ärger gleich an die Öffentlichkeit zu ziehen (da gab's doch auch schon mal was mit dem SZ-Magazin), ist imho nicht besonders clever, sondern dürfte eher zur Verhärtung der Fronten beitragen.

    1. Jan Paersch
      Jan Paersch · vor mehr als 3 Jahre

      Ich halte es für den richtigen Schritt, auch im Tonfall. Es ist einfach eine krasse Herabwürdigung kreativen Schaffens, und davon können viele freie Designerinnen, Fotografinnen etc ein Lied singen. Nur haben die noch weniger Rechtsbeistand als katapult. Allein deswegen gehört das in die Öffentlichkeit.

    2. Jan Paersch
      Jan Paersch · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      @Jan Paersch Ich erinnere mich an den Fall eines befreundeten Fotografen, der eine Redaktion darauf hinwies, dass sie ein Foto von ihm verwendet hatten, ohne dafür zu bezahlen. Die Antwort war, ach wenn wir gewusst hätten, dass wir dafür bezahlen müssen... wir finden das Foto ja gar nicht gut.

    3. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor mehr als 3 Jahre

      bin bei Bernd....finde diese Kommunikation toxisch und grundverkehrt.
      "Fredrich rastet aus" ist doch nichts anderes als "Gernot Hassknecht" bei der heute-show. Nur ist es noch nicht mal Satire, sondern in diesem Fall eigentlich einfach nur...ja was... Marketing? Also was ist die Relevanz von dieser "Hasspredigt"?
      Wobei der Satz "Das hört sich an, als ob die bettelarm sind und im Lotto verloren haben, aber egal. ", der war die Sache schon fast wieder wert :D

    4. Moritz Orendt
      Moritz Orendt · vor mehr als 3 Jahre

      @Marcus von Jordan Als Marketing funktioniert es (leider) einfach. Es gibt bei jedem Ausraster ordentlich Presse. So hat es Katapult ja sogar zu piqd geschafft.

      Hier erzählt Fredrich auch, wie Katapult von seinen Ausrastern profitiert: https://omr.com/de/kat...

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