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Medien und Gesellschaft

Ein Experte erklärt, wie Medien über Krieg berichten sollten

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

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Simon HurtzSonntag, 27.03.2022

Eine wichtige Vorbemerkung: Die Realität ist selten schwarz oder weiß. Wenn sich zwei Seiten streiten, liegt die Wahrheit oft zwischen den Extremen. Für den brutalen Angriffskrieg in der Ukraine gilt das ausdrücklich nicht. Wladimir Putin möchte ein Land auslöschen und nimmt dafür grenzenlose Zerstörung und unsägliches Leid der Zivilbevölkerung in Kauf. Ich werde schnell misstrauisch, wenn die Welt in Gut und Böse eingeteilt wird. Mit Blick auf die russische Invasion halte ich diese Sichtweise für gerechtfertigt.

Trotzdem bin ich überzeugt, dass Medien versuchen müssen, beide Seiten an den gleichen Standards zu messen. Das gilt nicht nur für Russland und die Ukraine, sondern auch im historischen Vergleich – und da merkt Florian Zollmann von der Uni Newcastle zurecht an:

Der Irak-Krieg im Jahr 2003 war ebenfalls ein illegaler Angriffskrieg, ausgeführt von den USA. Medien waren damals aber bei Weitem nicht so empört. Der Irak-Krieg wurde auch kritisch verfolgt, aber eher auf einer taktischen Ebene. Wichtige Details darüber, wie verheerend sich die Invasion auf die Zivilisten im Irak ausgewirkt hat, haben Medien damals weitaus weniger beachtet. Was damit zu tun hat, dass die Invasion von den USA ausging, also von Alliierten Deutschlands. Völkerrechtswidrige Aspekte und die Tatsache, dass wir es auch beim Irak-Krieg mit einer Aggression zu tun haben, wurden deshalb nicht so betont wie das im Ukraine-Krieg der Fall ist.

Das Unrecht, das die USA vor zwei Jahrzehnten begangen haben, darf nicht zum Anlass genommen werden, die Kriegsverbrechen Russlands zu relativieren. Aber mit Blick auf die mediale Rezeption spricht Zollmann einen wichtigen Punkt an:

Wenn Feinde des Westens dasselbe machen, ist die Empörung größer. Weil die Politik empörter ist und Medien das spiegeln. Das soll nicht heißen, dass man jetzt nicht empört sein soll. Aber es ist ein Problem, wenn es Doppelstandards gibt.

Das Interview ist voller solcher im besten Sinne unbequemer Sätze und Beobachtungen. Ich stimme nicht jeder Aussage zu und habe die Berichterstattung manchmal anders wahrgenommen als Zollmann. Er suggeriert etwa, Medien hätten Selenskyjs Forderung einer Flugverbotszone nicht kritisch hinterfragt. Ich erinnere mich sehr wohl Warnungen, dies könne einen Atomkrieg zur Folge haben.

Das ändert nichts daran, dass ich das gesamte Gespräch mit Nachdruck empfehle. Lisa Kräher stellt gute Fragen, Zollmann gibt ausführliche und bedenkenswerte Antworten. Ich möchte besonders die Passagen hervorheben, in denen es um konstruktiven Kriegsjournalismus (der im Idealfall dazu beiträgt, dass er zum Friedensjournalismus wird) und Best-Practice-Beispiele geht:

Ein Beispiel ist die US-amerikanische Sendung "Democracy Now!" von Amy Goodman. Darin geht es einerseits sehr viel um die zerstörerischen Auswirkungen, die die russische Invasion auf Zivilisten hat. Sie wird klar verurteilt, aber Goodman hat gleichzeitig auch Gäste aus der Ukraine, aus Russland, aber auch aus dem westlichen Kontext, die die historischen Zusammenhänge des Krieges diskutieren und konstruktive Vorschläge zu diplomatischen Lösungen machen. Wie kürzlich im Gespräch mit dem britischen Autor Anatol Lieven, der analysierte, wie ein konkretes Friedensabkommen zwischen der Ukraine und Russland aussehen könnte. Solche Experten zu Wort kommen zu lassen, ist Teil eines Friedensjournalismus.
Ein Experte erklärt, wie Medien über Krieg berichten sollten

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Kommentare 1
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor 2 Jahren · bearbeitet vor 2 Jahren

    Stimme grundsätzlich zu.
    Aber "Der Irak-Krieg im Jahr 2003 war ebenfalls ein illegaler Angriffskrieg, ausgeführt von den USA", das kann man einfach nicht so allein stehen lassen: ja der Angriff war völkerrechtlich ein unzulässiger Angriffskrieg. Aber nicht "ebenfalls"!
    Der Angreifer war ist ein demokratischer Staat, dem zumindest damals von der Mehrheit der Weltöffentlichkeit bzw. Medien (=auch im eigenen Land) geglaubt wurde was über die Gefährlichkeit des Iraks behauptet wurde (von wegen Massenvernichtungswaffen).
    Der angegriffene Staat war eine Diktatur die bereits große Menschenrechtsverletzungen begangen hatte und von einem Diktator beherrscht war. Und die mediale Begleitung des Krieges (der selbstverständlich so bezeichnet werden durfte) war durchaus vorhanden und ja, fing sogar damit an was heute wie selbstverständlich wirkt: embedded journalism... und den Soldaten schlug kaum Gegenwehr entgegen und schon gar keine demokratische Zivilgesellschaft und etwa ziviler ungehorsam etc. Im Gegenteil wurden die USA tatsächlich von einigen als Befreier erhofft.

    Das ist kein "ebenfalls" zur jetzigen Situation.

    Auch kurioserweise deswegen, gerade weil es sich um einen demokratischen westlichen Verbündeten handelt - von dem wir besseres erwartet haben und höhere Standards anlegen (sollten) (!).

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