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Medien und Gesellschaft

BDS-Bewegung: Kritik an Israelkritik ist kein Sprechverbot

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

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Simon HurtzFreitag, 11.12.2020

Antisemitismus ist ein brisantes und emotional aufgeladenes Thema. Tatsächlich enden viele Diskussionen, wenn eine Seite der anderen vorwirft, antisemitisch zu handeln, zu sprechen oder zu schreiben – genau dasselbe passiert bei vielen anderen "-ismen".

Deshalb finde ich es gut, dass Ronen Steinke in seinem Kommentar fast gänzlich ohne das A-Wort auskommt. Sachlich erklärt er, warum er den Aufruf für problematisch hält, den viele große Kulturinstitutionen unter dem Titel "Initiative GG 5.3 Weltoffenheit" veröffentlicht haben.

Darin protestieren die Unterzeichnerïnnen gegen die BDS-Resolution des Bundestags und angebliche Meinungsunterdrückung "durch missbräuchliche Verwendungen des Antisemitismusvorwurfs". Mit Blick auf die Kritik an Israel fordern sie: "Konfrontation und Auseinandersetzung damit müssen gerade in öffentlich geförderten Kultur- und Diskursräumen möglich sein."

Dagegen ist an sich wenig einzuwenden. Natürlich muss es möglich sein, die teils tatsächlich fragwürdige Politik von Benjamin Netanjahu und anderen israelischen Hardlinerïnnen zu kritisieren.

Das Problem nicht nur dieses Plädoyers: Genau das ist in Deutschland absolut möglich. Die Behauptung, Israelkritikerïnnen würden mundtot gemacht, gleicht dem Lamento der Rechtspopulistïnnen, ihre Meinungen würden "zensiert". Gegenrede, auch lautstarke, ist kein Sprechverbot.

Ronen nennt in seinem Text mehrere Beispiele. Mehrfach wurden Vertreterïnnen der BDS-Bewegung zu Konferenzen oder Diskussionen eingeladen – obwohl der Bundestag vergangenes Jahr den "radikalen Boykottaufruf" der Bewegung in seiner nicht bindenden Resolution verurteilte, da dieser "zur Brandmarkung israelischer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger jüdischen Glaubens als Ganzes" führe.

Die politischen Ziele der BDS-Bewegung seien "im Großen und Ganzen diskutabel", schreibt Ronen. Indiskutabel sei nur der Gestus, mit dem sich manche, nicht alle Vertreterïnnen dieser Position zu Opfern eines angeblichen staatlichen Maulkorbs stilisierten. "Das ist kontrafaktisch. Und es nährt ein hässliches Narrativ, wonach man in Deutschland jeden kritisieren darf, nur 'die Juden' nicht."

Wer auf größerer Bühne Kritik an Israels Politik übt, der findet sich schnell in einer Diskussion wieder, die leidenschaftlicher geführt wird als viele andere Diskussionen. Das erlebt jeder Journalist, der nur ein Detail im israelisch-palästinensischen Konflikt kommentiert, egal in welche Richtung. Das liegt nicht an Resolutionen des Bundestages. Es liegt am Thema. Das bedeutet also kommunikativen Stress. Das ist aber keine Zensur. Das ist Diskurs. Das sollte Kunst, das sollte auch Wissenschaft aushalten.
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Kommentare 12
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor mehr als 3 Jahre

    "Gegenrede, auch lautstarke, ist kein Sprechverbot" und "Es liegt am Thema. Das bedeutet also kommunikativen Stress. Das ist aber keine Zensur. Das ist Diskurs" - genau.
    es ist halt leider 1 so dass - auch in Deutschland - Kritik an Israel oft nur verkappter Antisemitismus ist/wird. Und 2 dass "selbst" jüdische Mitbürger und Israelis Kritik an Israel üben. Dass wir aber in Deutschland sensibler sein sollten was wir über diese Themen sagen: über (Anti)Semitismus und über (vermeintliche) Sprachverbote...

  2. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

    Anstatt Antisemitismus A-Wort. Dann gibt es das N-Wort und so weiter. Sprachmüll ist das.

    1. Cornelia Gliem
      Cornelia Gliem · vor mehr als 3 Jahre

      1. hat der Autor oben es gerade aus diesem Gestus heraus so bezeichnet (vermute ich mal) und 2. ist das unsäglich gewordene Wort Neger (Sie sehen man kann es noch ausformulieren) wirklich eines was man NICHT mehr aussprechen sollte...

    2. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

      @Cornelia Gliem Das sogenannte A-Wort verstehen die meisten nicht. Man kann es leicht überprüfen. Was mit dem N-Wort gemeint, wissen mehr. Aber: Das Wort "Neger" und andere kann man nicht einfach verbannen. Der Grund: es gibt keinen entsprechenden Ersatz. Es ist fest verankert in der Weltliteratur. In der deutschen, etwa bei Thomas Mann, aber auch und gerade in der englischsprachigen. Bei den Neuübersetzungen von James Baldwin, die gerade erscheinen, steht anstelle Neger nun Negro. Es wird schlicht nicht übersetzt.
      https://www.dtv.de/spe...

    3. Cornelia Gliem
      Cornelia Gliem · vor mehr als 3 Jahre

      @Achim Engelberg Was soll das bitte heißen, viele verstünden das A-Wort nicht?
      Und: man könne N nicht verbannen? 1 will niemand es verbannen, es soll nur nicht mehr weiter/aktuell genutzt werden. (historisch, kritisch, literaturwissenschaftlich sehr wohl). Das Problem von NeuÜbersetzung oder Neuauflage ist doch sehr speziell und im übrigen lösbar: durch Fußnote oder Ergänzung... (und gerade Thomas Mann als Beispiel dafür zu nehmen ist ... geradezu unredlich. Zudem kein Argument für aktuellen oder zukünftigen sprachgebrauch).
      und selbstverständlich gibt es Ersatz: je nach Kontext sehr wohl.
      Schwarzer. PoC. und ist es beleidigend und rassistisch gemeint, "darf" jeder weiterhin Neger sagen - und damit zurecht kommen als Rassist bezeichnet zu werden.

    4. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

      @Cornelia Gliem Wer nichtakademische Nachbarn, Verwandte u. a. fragt, was sie unter dem A-Wort verstehen, bekommt erhellende Antworten.

      Ich weiß zwar nicht, was am Beispiel Thomas Mann unredlich ist, aber gern kann fast beliebig ein anderer Autor eingesetzt werden.

      Mein Link enthält aktuelle Beispiele. Man kann eben nicht einfach mit Schwarzer übersetzen und natürlich nicht mit Sprachmüll wie PoC.

      Deshalb wird momentan häufig nicht übersetzt: Jetzt steht eben Negro dort.

      In aktuellen Wörterbüchern steht geschrieben: Negro heißt Neger oder Negerin.

    5. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor mehr als 3 Jahre

      @Achim Engelberg Um diese leidige Diskussion abzukürzen: Ich habe "A-Wort" nur geschrieben, um darauf hinzuweisen, dass Antisemitismus ein sehr aufgeladener Begriff ist, der teils ähnliche emotionale Reaktion hevor ruft wie andere Wörter, die (zurecht!) verpönt sind.

      Sehen Sie: Ich habe kein Problem damit, ANTISEMITISMUS zu verwenden – übrigens ist es auch das erste Wort meines Textes, falls Ihnen das nicht aufgefallen sein sollte.

    6. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 3 Jahre

      @Simon Hurtz Den Piq selbst finde ich übrigens gut.

    7. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 3 Jahre

      @Achim Engelberg Sehe ich sehr ähnlich wie Du und hinter dem A-Wort werden die meisten wohl eher eine politisch korrekte Abkürzung für "Arschloch" vermuten. Trotzdem bin ich schon ganz gespannt auf die nächsten dadaistischen Verrenkungen der PC-Community.

    8. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

      @Dirk Liesemer Genau, das war die Antwort, die ich bekam. Einverstanden grüßt und winkt Achim

    9. Andreas Schindele
      Andreas Schindele · vor mehr als 3 Jahre

      @Achim Engelberg Zugegeben, PoC oder N-Wort sind keine Wörter, die zur Flüssigkeit der Sprache beitragen oder ästhetische Literatur fördern. Allerdings steckt dahinter das Bemühen, Ausgrenzung und Diskriminierung in der Sprache zu vermeiden. Verschiedene Wörter wie z. B. Neger sind nunmal für den aktuellen Gebrauch 'verbrannt', da es im historischen Kontext systematisch zur Legitimation von Massenmord und Sklaverei verwendet wurde und leider auch heute noch oftmals als Beleidigung und bewusstes Herabsetzen bestimmter Personen benutzt wird. Es ist also eine Abwägung zwischen sprachlicher Ästhetik und dem Vermeiden von dem Schmerz der an bestimmten Wörtern haftet. Ich würde mich immer für Letzteres entscheiden.

    10. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

      @Andreas Schindele Da muss ich widersprechen, natürlich begründet:

      Dieser Sprachmüll ist, deshalb meine Beispiele der Nichtübersetzung in aktuellen Publikationen, nicht nur unflüssig, sondern nicht zu gebrauchen.

      Eine Abwägung zwischen Ästhetik und Vermeidung von Schmerz gibt es in keiner Philosophie. Das ist Denkschlamm.

      Außerdem lehnen große Denker und Schriftsteller so etwas ab, darunter auch Wole Soyinka, der bis heute einzige schwarzafrikanische Literaturnobelpreisträger.

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