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Klimakrise: Wie Journalismus Teil der Lösung sein kann

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

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Simon HurtzDienstag, 19.07.2022

Nein, Medien werden die Klimakrise nicht lösen. Selbst wenn von morgen an alle Redaktionen klug und konstruktiv über die globale Erhitzung berichteten, bliebe der menschengemachte Klimawandel eine große Bedrohung.

Darum geht es aber auch gar nicht. Es wäre schon viel gewonnen, wenn Journalistïnnen nicht mehr Teil des Problems wären – und noch schöner wäre es, wenn sie Teil der Lösung werden könnten.

Wie das gelingen kann, beschreibt Christopher Schrader in diesem Essay. Er ist mehr als 30.000 Zeichen lang und Schrader braucht für meinen Geschmack etwas zu lange, bis er zum Thema kommt. Vermutlich zähle ich aber auch nicht zur Zielgruppe.

Warum ich den Text trotzdem empfehle? Weil es nach einem allgemeinen Exkurs über konstruktiven Journalismus konkret und interessant wird. Zum einen gibt Schrader Empfehlungen, wie Medien in Zeiten der Klimakrise berichten sollten, etwa mit Blick auf ein falsch verstandenes Neutralitätsgebot:

Die schädliche, vermeintliche Objektivität der False Balance haben immer wieder Interessensvertreter der fossilen Wirtschaft oder marktradikaler politischer Kreise ausgenutzt. Ihr Ziel war es, Zweifel am Forschungsstand zur Erderhitzung zu säen, um politische Gegenmaßnahmen zu verzögern und weiterhin ungestört ihren klimaschädlichen Geschäften nachzugehen. (…) False Balance und das ideologisch motivierte Streuen wissenschaftlicher Zweifel sollten wir Journalist:innen keinesfalls dulden. Wir werden sonst unserer Verantwortung nicht gerecht, sorgfältig zu recherchieren und ein möglichst adäquates Bild der Realität zu zeichnen. Zum Glück haben das schon viele Kolleg:innen erkannt. Aber in mancher Talkshow-Redaktion leben die alten Reflexe noch fort.

Zum anderen erklärt Schrader die wissenschaftlichen Hintergründe für seine Empfehlungen. Ein Beispiel: Guter Klimajournalismus dürfe nicht nur Fakten darstellen und einordnen, denn:

Leider stimmen aber die Annahmen über die fehlenden Fakten und die irgendwann richtig gezogenen Schlüssen nicht. Die Psychologie nennt es Informations-Defizit-Hypothese – und hat diese widerlegt. Gut aufbereitete Fakten sind wichtig, vermutlich auch unverzichtbar, aber nicht ausreichend. Es liegt häufig eben nicht an fehlendem Faktenwissen, dass Menschen bestimmte Dinge nicht tun. Der menschliche Geist kennt sehr viele Kniffe, Information zu sortieren, bevor sie in relevante Überlegungen einfließen kann. Dabei wirken kognitive Fehlschlüsse, Gewohnheiten und mentale Schleichwege. Was zum Beispiel an externen Informationen nicht passt, wird im Gehirn passend gemacht – oder gleich ganz ignoriert. Das nennt man Bestätigungsfehler oder Confirmation Bias.

Um diesen Mechanismus zu unterlaufen, rät Schrader, den Fokus auf konkrete, möglichst einfache Lösungsansätze zu lenken:

Das erleichtert es dem Publikum, die kognitive Dissonanz aufzulösen – und zwar so, dass es das passende Verhalten zur bereits erreichten Einstellung findet. In diesem Umfeld sind Fakten und vor allem Handlungswissen unverzichtbar, um das noch einmal zu betonen. Wir dürfen sie bei Recherche und Präsentation auf keinen Fall einem Zweck unterordnen. Aber wir müssen als Journalist:innen den Fakten angesichts der kognitiven Abwehrmechanismen den Weg ebnen, den sie nicht von selbst finden. Wenn wir uns weiter darauf konzentrieren, nüchtern und sachlich lediglich Informationen aus der Klimaforschung zu präsentieren, ohne uns genau zu überlegen, wie wir sie einbetten und befördern, dann bleiben wir "Teil des Problems".

Sein Schlusswort merke ich mir für die nächste Diskussion:

Doch wenn wir als Journalist:innen tatsächlich einen Beitrag dazu leisten wollen, die Klimakrise abzuwenden, dann muss sich nicht nur der Umfang der Berichterstattung ändern, sondern auch deren Art. Nackte Fakten wehen am Publikum vorbei. Und vermeintliche Objektivität kann auf Parteinahme für die Falschen hinauslaufen. Wie sagte doch der vor kurzem verstorbene südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu? "Wenn Du in einer ungerechten Situation neutral bist, hast Du die Seite des Unterdrückers gewählt."
Klimakrise: Wie Journalismus Teil der Lösung sein kann

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Kommentare 1
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr

    Wie wirkt der Confirmation Bias eigentlich bei Journalisten und Klimaaktivisten? Gibt es da Analysen? Ist die Verwendung des Begriffes "Erderhitzung" nicht schon selbst Ausdruck dieses Bias?

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