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Literatur

Manuel Chaves Nogales wiederentdeckt

Manuel Chaves Nogales wiederentdeckt

Jan Kuhlbrodt
Autor und Philosoph

*1966 in Karl-Marx-Stadt
Studium in Leipzig und Frankfurt am Main
Redakteur bei EDIT und Ostraghege
freier Autor
letzte Veröffentlichungen: Kaiseralbum (Verlagshaus Berlin), Das Modell (Edition Nautilus), Die Rückkehr der Tiere (Verlagshaus Berlin)

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Jan KuhlbrodtSonntag, 24.10.2021

Der kupido Verlag hat begonnen, das Werk des spanischen Journalisten und Erzählers Manuel Chaves Nogales dem deutschsprachigen Publikum zugänglich zu machen. Angelegt in zwei Abteilungen (Reportagen und Journale / Das erzählerische Werk) wird es also einen Fundus bieten, diesen Autor in den unterschiedlichen Facetten seines Schaffens kennenzulernen.

Als erstes erschien der in Halbleinen gebundene und grandios gestaltete Band „Ifni, Spaniens letztes koloniales Abenteuer“.

Nogales wurde 1897 in Sevilla geboren und starb 1944 im Exil in London. Franco verbot den Namen des Autors, sodass er in Spanien über lange Zeit in Vergessenheit geriet. Seine Werke wurden in den letzten 20 Jahren wiederentdeckt und kehrten nach und nach in den politischen und literarischen Diskurs Spaniens zurück. Und mit dieser Übersetzung besteht auch für uns die Möglichkeit, diese Stimme aufzunehmen.

Wenn man das erste Buch liest, das im Rahmen des Unternehmens erscheint, merkt man sehr bald, dass es sich bei den beschriebenen Ereignissen nicht um etwas handelt, dass in grauer Vorzeit begraben liegt, sondern auch angesichts aktueller Ereignisse rückt es das in den näheren Fokus, was sich vor 90 bis 100 Jahren in Nordafrika sich abspielte. Auch die Aktualität der Auswirkungen des europäischen Kolonialismus erweist sich uns täglich aufs Neue, schon angesichts der Flüchtlingswanderungen, gegen die Europa sich abzuschotten versucht.

„Ifni“ versammelt drei Reportagen des Autors, die 1934 in der von ihm gegründeten Zeitschrift Ahora erschienen sind. Die Zeitschrift ist in Madrid erschienen in den Jahren nach der Ausrufung der spanischen demokratischen Republik und deren Zerschlagung durch die faschistischen Truppen des General Franco mit deutscher Unterstützung.

Ifni ist ein Landstich an der westafrikanischen Atlantikküste, der jetzt zu Marokko gehört. In der Geschichte wechselten ständig die herrschenden Mächte; und spanische Truppen besetzten wiederholt den Landstrich, wurden aber immer wieder zurückgedrängt.

Beim Versuch einer Besetzung 1921 verschwanden 300 spanische Soldaten, wahrscheinlich wurden sie getötet, und es entwickelte sich eine Art Mythos der „Gefangenen von Annual“, um die es verschiedene Gerüchte gab, die sich zu kollektiven fixen Ideen ausweiteten. Die Soldaten seien, so hieß es unter anderem, am Leben und würden in der Wüste gefangengehalten. Dem nachzugehen und das aufzuklären, begibt sich also der Journalist Manuel Chaves Nogales nach Nordafrika. Allerdings fasst er das Gerücht auch als Gerücht auf, von den gefangenen Soldaten findet er keine Spur:

„Marokko ist ein derart undurchdringliches Terrain, sodass alles möglich ist. Selbst wenn man sich Gefangene herbeisehnt, gibt es am Ende welche.“

Mit den Recherchen zu den fiktiven Gefangenen beginnt also das Buch und dem schließen sich zwei Reportagen an, in denen wir den Journalisten auf einer recht abenteuerlichen Reise nach Ifni begleiten. Unter anderem erlebt und überlebt er mehrere (!) Flugzeugabstürze. Er berichtet von der Einnahme Ifnis durch spanische Truppen, von den Verhandlungen mit der marokkanischen Bevölkerung und von den Auseinandersetzungen mit den in der Wüste lebenden Nomaden, die zeitweise auch in die fest besiedelten Landstriche eindringen, um ihr Vieh zu weiden. Dabei ergeben sich Einblicke in Lebensweise und Sozialstruktur.

Nogales beschreibt aber auch die Verschiebung der traditionellen Konflikte und Strukturen durch die spanische Kolonisierung und die Befriedungsversuche der Gegend, die letztlich zu keinem Ende finden. Zuweilen erkennt man an der Haltung und Wortwahl in den Berichten etwas von der Arroganz der sich überlegen wähnenden europäischen spanischen Zivilisation, aber eben auch ihre Ratlosigkeit, wenn die militärischen Mittel versagen. Ein Verhältnis übrigens, das sich auch heute in den europäischen Unternehmungen in aller Welt zu reproduzieren scheint. Und Nogales ist sich seiner westlichen Überlegenheit auch an keiner Stelle sicher.

An Spannung reich lesen sich die Reportagen wie Romane. Dramatisiert noch vom realen Hintergrund. Und sprachlich ist das Buch hervorragend, der Übersetzer und Herausgeber Frank Henseleit hat den Text in ein Deutsch gebracht, das nur dann staubig wirkt, wenn es den Wüstensand der Sahara spürbar machen soll.

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