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Literatur

Lechners Wurf

Lechners Wurf

Jan Kuhlbrodt
Autor und Philosoph

*1966 in Karl-Marx-Stadt
Studium in Leipzig und Frankfurt am Main
Redakteur bei EDIT und Ostraghege
freier Autor
letzte Veröffentlichungen: Kaiseralbum (Verlagshaus Berlin), Das Modell (Edition Nautilus), Die Rückkehr der Tiere (Verlagshaus Berlin)

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Jan KuhlbrodtDienstag, 13.04.2021


Lektüremäßig hob das Jahr großartig an und es scheint so weiterzugehen. Lesen rettet! Und Lesen rettet vor allem in Zeiten wie dieser, in der die Außenwelt für einige zur tödlichen Bedrohung wird, nicht nur der Infektionsgefahr wegen.

Meist scheinen die Zeiten gerade dann, wenn sich die Gesellschaft in einem Strudel befindet, wenn sich Werte auflösen, verwirbeln, wenn da nichts ist, woran man sich halten kann, eine grandiose Literatur hervorzubringen. Gerade eben weil nichts feststeht.

Aber natürlich verändert sich auch der Leser, die Leserin, geht durch Lebensphasen, die Lesephasen sind. Und manchmal kommt es zusammen, dass in einer besonderen Lesephase sich die Literatur als eine ganz besondere, vielleicht besonders intensive erweist. Besonders in Drucksituationen, wie Pubertät, Armeezeit oder eben jetzt aufgrund des Lockdowns, der bei mir anhalten wird, auch wenn die anderen wieder hinaus können. Ausgehen fordert mir einiges an Kraft und Organisation ab, also lese ich mich lieber in die Welt oder die Zeit.

Natürlich versuche ich mit dieser etwas allgemeinen Einleitung, den Gegenstand dieses Textes ein wenig vor mir herzuschieben, um zu vermeiden, dass ich im Überschwang spoilere. Wobei nicht nur in diesem Buch die Handlung von einer Sprache getragen ist, die einem selbst, wenn man sie aus dem Effeff kennen würde, als neue erscheinen ließe.

Aber keine Sorge: die Handlung in diesem Buch ist so neu wie überraschend, auch wenn es sich um eine Coming-of-Age-Geschichte handelt.

Der Irrweg. So heißt der neue Roman von Martin Lechner. Es ist, soweit ich es überblicke, sein zweiter, nachdem seinem Debüt ein fulminanter Erzählungsband gefolgt war.

Zum ersten Mal begegnet bin ich einem Text Lechners allerdings schon früher. Denn der Autor bot uns, als ich Redakteur der Literaturzeitschrift EDIT war, so um 2010, eine Erzählung zur Veröffentlichung an, die mich sofort überzeugte. Das lag vor allem am souveränen Umgang mit literarischen Mitteln, die es ihm erlaubten, einen zeitlichen Ablauf passagenweise so zu straffen, aber auch zu strecken, dass eine Art Gegenrhythmus entsteht, der den Blick des Lesers, der Leserin zugleich in den Bann zieht und schärft.

Wenn sich in den Erzählungen Lechners Vermögen, mit dem Literarischen und der Literarizität zu spielen, noch als lustvolles Experiment darstellt, wird es in den Romanen zum Motor der Erzählhandlung, aber auch in ein Handlungsgeschehen zurückgebunden. Es verliert dann alles, was einem unter Umständen manieriert erscheinen könnte. Die Fabulierlust ergibt sich dem Spiel der Handlung, die sie treibt.

Ein Abiturient unterbricht seine schulische Laufbahn aufgrund einer blöden Videoaufnahme, die seinen Mitschülern in die Hände gefallen ist, und aufgrund der er gemobbt wird, und er zieht gewissermaßen seinen Zivildienst als freiwilliges soziales Jahr in einer Werkstatt für geistig Behinderte vor. Gleichzeitig entflieht er auch der Wohnungssituation. Er wohnt allein mit seiner Mutter in einem Plattenbau mit Aufzug. Und wie um an das Provisorische der Situation zu erinnern, stehen mitten im Wohnraum seiner Mutter die Möbel neben Wandfarbe und Malerrollen unter einer Abdeckplane. Die Mutter, mit einem gewissen Hang zum Alkoholismus, scheint sich ohnehin in derart provisorischen Situationen einrichten zu können. Der Hauptheld Lars begegnet einer mysteriösen jungen Frau, in die er sich verliebt, und es kommt vermehrt zu Autobränden. So viel zur Handlung. Vielleicht noch so viel: Das Ende des Romans ist in seiner Ausgestaltung furios, überraschend, und als dramaturgische Konstruktion eines erzählerischen Endes kaum zu übertreffen.

Martin Lechner führt in diesem Roman eine kafkaeske Erzählhaltung mit der Ungefügtheit eines Holden Caulfield aus Salingers Fänger im Roggen und ist dabei so gegenwärtig, dass es einem schwindlig wird. 

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