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Literatur

Frauen der Unterwelt. Sieben hysterische Akte

Anne Hahn
Autorin und Subkulturforscherin
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Anne HahnFreitag, 06.12.2019

Ich muss ihm das Gefühl geben, dass ich ihn ernst nehme. Er spielt den Arzt, trägt den weißen Kittel und ich darf nicht verraten, dass ich ihn durchschaut habe, als Wahnsinnigen.

Vernesa Berbo knurrte sinngemäß diese Sätze in die Jurte, als ich vor einigen Wochen im Hof des Berliner Gorki-Theaters der Lesung aus den "Frauen der Unterwelt" beiwohnte. Am 7. Dezember hat das Stück im Ballhaus Ost Premiere, während ich in Exarchia/Athen in einer phantastischen Dachterrassenlandschaft abwarte, was die griechische Polizei gegen die Hausbesetzer des Viertels unternehmen wird. Die Szene ist alarmiert, unten in den schmalen Straßen werden gerade Rollläden heruntergelassen und Autos umgeparkt.

Das neue Stück von Tine Rahel Völcker ist Ergebnis der Recherche von sieben Biografien, stellt sieben Schicksale von Frauen nach, die Opfer der sogenannten NS-Krankenmorde wurden. Aus den Akten der früheren Heil- und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein, wo die Frauen vergast wurden, erstehen ihre Geschichten wieder auf, vorgetragen von Vernesa Berbo, Philipp Engelhardt, Olga Feger, Lara Anaïs Martínez-Wiesselmann, Iris Minich, Nora Quest und Tucké Royale. Die szenische Lesung anläßlich des 4. Berliner Herbstsalons im Gorki-Theater schuf bereits eine intime, intensive Atmosphäre, die mir die Luft abschnürte. Mich rührten und schockierten besonders zwei Schicksale: das einer jungen, lebenslustigen Frau und mehrfachen Mutter, die wegen ihrer wechselnden Sexualpartner kriminalisiert, hospitalisiert und schließlich getötet wurde und das der reichen Bäuerin, die sich weigerte, mehr als ein Kind zu gebären, von ihrem eigenen Ehemann für verrückt erklärt und ebenfalls getötet wurde.

Vernesa Berbo, welche ich u.a. für ihre Rolle in der wunderbaren Produktion "Common Ground" bewundere, spielt die gebärverweigernde Hysterikerin mit eiskalter Intelligenz. Die messerscharfen Analysen der wahnsinnig "gemachten" Frau entfalten eine tragische Logik, der sich schwer zu entziehen ist. In Exarchia tanzen Frauen auf Graffitis, steht "Queer ist Punk" auf eine Wand gesprüht. Regierung und Polizei setzen das linke Spektrum des Viertels mit Terrorismus gleich. Migrantinnen mit Drogendealern, Anarchismus mit Gewalt. Wolken hängen über dem Viertel, bald wird es dunkel sein und wir uns startklar machen für die Demo zum Jahrestag des Todes Alexandros Grigoropoulos, eines durch einen Polizisten erschossenen Jungen.

hysterisch Adj. ‘auf Hysterie beruhend’, allgemein ‘übertrieben leicht erregbar, übertrieben erregt’, Entlehnung (18. Jh.) aus lat. hystericus, griech. hysterikós (ὑστερικός) ‘die Gebärmutter betreffend, von ihr herkommend’, gebildet zu griech. hystéra (ὑστέρα) ‘Gebärmutter’. Hysterie f. ‘abnorme Reaktionsweise mit übersteigerten Ausdruckserscheinungen, Neurose, bei der neben psychischen Störungen auch körperliche Beschwerden ohne nachweisbare somatische Ursache bestehen’ (2. Hälfte 19. Jh.), vorher allgemeiner ‘körperliches und psychisches Unwohlsein bei Frauen’; als Terminus der Medizin im 18. Jh. (wie medizin.-lat. Hysteria) zum griech.-lat. Adjektiv gebildet. Die Bezeichnung erklärt sich daraus, daß bei den Ärzten der Antike und noch im frühen 19. Jh. krankhafte Veränderungen an der Gebärmutter als Ursache derartiger Beschwerden angesehen werden. Noch bis zum Ende des 19. Jhs., bis zur Entwicklung der Neurosenlehre (Freud), gilt Hysterie als eine nur bei Frauen auftretende Krankheit

#312 Frauen der Unterwelt. Sieben hysterische Akte

Premiere 7. Dezember 2019, 8. Dezember 2019 - 16. | 17. | 18. | 19. Januar 2020

jeweils 20.00 Uhr, Ballhaus Ost/ Pappelallee 15/ D-10437 Berlin/(U) Eberswalderstr.

Frauen der Unterwelt. Sieben hysterische Akte

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