Kanäle
Jetzt personalisiertes
Audiomagazin abonnieren
Log-in registrieren
forum verwendet Cookies und andere Analysewerkzeuge um den Dienst bereitzustellen und um dein Website-Erlebnis zu verbessern.

handverlesenswert

Kluge Köpfe filtern für dich relevante Beiträge aus dem Netz.
Entdecke handverlesene Artikel, Videos und Audios zu deinen Themen.

Du befindest dich im Kanal:

Literatur

Codes 1

Codes 1

Jan Kuhlbrodt
Autor und Philosoph

*1966 in Karl-Marx-Stadt
Studium in Leipzig und Frankfurt am Main
Redakteur bei EDIT und Ostraghege
freier Autor
letzte Veröffentlichungen: Kaiseralbum (Verlagshaus Berlin), Das Modell (Edition Nautilus), Die Rückkehr der Tiere (Verlagshaus Berlin)

Zum User-Profil
Jan KuhlbrodtFreitag, 24.04.2020

Im Zuge des 50. Todestages von Paul Celan habe ich mich ein wenig gewundert, wie schnell dieser Dichter, der in der Bukowina, in Czernowitz als Sohn deutschsprachiger Juden geboren wurde und lange Zeit in Paris lebte, wo er auch starb, letztlich zum deutschen Dichter gemacht wird, weil er die deutsche Sprache benutzte. 

Schnell kommen zu so einer Ausgangssituation Zuschreibungen hinzu und Forderungen an den Dichter und seine Dichtung, als läge es in seiner Verantwortung, beständig an das, was man ihm und seiner Familie und überhaupt der jüdischen europäischen Bevölkerung angetan hat, zu erinnern. Man nimmt den Dichter ein zweites Mal in die Verantwortungszange, die eigentlich den Tätern angelegt gehört, und beschneidet die von ihm sich selbst mühsam erarbeitete Freiheit, in die seine Dichtung vordringt. 

Natürlich sind in der Freiheitsdichtung Celans die Erinnerungen an Mord und Unterdrückung vorhanden. Aber, und das werde ich nicht müde zu betonen, diese Dichtung erhebt sich darüber.

Um mich dem Problem zu nähern, und auch etwas von der deutschen Celanrezeption abzukommen, begann ich (ein zweites Mal) Jaques Derridas Schibboleth zu lesen, das sich mit Celans Dichtung unter dem Aspekt der Datierung befasst und zugleich dem Dichter gewidmet ist.

Das Wort Schibboleth stammt aus dem Hebräischen und hat ursprünglich eine Reihe von Bedeutungen, wie "Strömung" oder "Flut", wird aber im Zuge der Biblischen Überlieferung zum "Kennwort", zur "Parole". Im heutigen Sprachgebrauch ist ein Schibboleth eine sprachliche Besonderheit, durch die sich ein Sprecher einer sozialen Gruppe oder einer Region zuordnen lässt. Schibboleths sind Wörter, an deren verschiedener Aussprache die Herkunft des Sprechers zu erkennen ist und die somit zu einem sozialen Code werden. Ein Schibboleth ist also auch ein Erkennungszeichen.

Derrida führt dieses Moment mit der Datierung eng:

„Aber schon im Brennpunkt ein und der selben Sprache, zum Beispiel der französischen, läßt sich in einer unzusammenhängenden Flut von Ereignissen in einem einzigen Mal, an ein und demselben Datum, gemeinsam gedenken, welches von da an die seltsame, koinzidierende, unheimliche Dimension einer Vorbestimmung kryptischer Art annimmt. Das Datum gleicht selbst einem Schibboleth.“

Und Derrida spielt das anhand einiger Gedichte Celans durch, die sowohl Daten nennen, die auf dem ersten Blick eher unspektakulärer Natur sind, sich aber im Hinblick auf die Literaturgeschichte als Teil eines ganzen Datengeflechts erweisen, und Ereignisse verschiedenster Art miteinander verknüpfen, als auch im Kontext solcher Gedichte, die das Datum nicht nennen, aber es über das genannte Ereignis im Kopf des Lesers induzieren.

In Celans Gedicht mit dem Titel Schibboleth, dem Derrida natürlich auch und besonders Aufmerksamkeit zukommen lässt, sind die Sprachen, um auf den Eingang zurückzukommen, auf dem Weg, ihrer nationalsprachlichen Bedeutungen und Zuschreibungen zu entkommen und weisen zugleich auf nationalistische Beschränktheiten hin:

Herz:
gib dich auch hier zu erkennen
hier in der Mitte des Marktes.
Ruf's, das Schibboleth, hinaus:
in die Fremde der Heimat:
Februar. No pasarán.

Möchtest du kommentieren? Dann werde jetzt kostenlos Mitglied!

Bleib immer informiert! Hier gibt's den Kanal Literatur als Newsletter.

Abonnieren

Deine Hörempfehlungen
direkt aufs Handy!

Einfach die Hörempfehlungen unserer KuratorInnen als Feed in deinem Podcatcher abonnieren. Fertig ist das Ohrenglück!

Öffne deinen Podcast Feed in AntennaPod:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Apple Podcasts:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Downcast:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Instacast:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Apple Podcasts:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Podgrasp:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Bitte kopiere die URL und füge sie in deine
Podcast- oder RSS-APP ein.

Wenn du fertig bist,
kannst du das Fenster schließen.

Link wurde in die Zwischenablage kopiert.

Öffne deinen Podcast Feed in gpodder.net:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Pocket Casts:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.