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Quelle: privat

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Andreas Merkel

Sachbuchautor über Romane in Berlin. Letzte Veröffentlichung: "Mein Leben als Tennisroman" (Blumenbar). Kolumne "Bad Reading" im Freitag (das meinungsmedium).

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Andreas MerkelMontag, 10.09.2018

Kleine nostalgische Anwandlung am Montag: Die neue Woche beginnt, es ist arschviel zu tun, die letzten Bücher, die man hier besprechen wollte, nerven brutal nach (unter anderem Lina Muzurs metoo-Erzählband "Sagte sie") und Seehofer und Maaßen sind immer noch im Amt. Durchatmen, kurze Verschnaufpause in Arschlochland:

Es gibt tatsächlich immer noch das Berliner Veranstaltungsmagazin "tip". Also auf Papier, zum Kaufen. "14 Tage Programm", 4,50 €. Das reine Weiterbestehen fühlt sich wie so vieles in Berlin weniger nach Zeitreise als nach Zeitstillstand an. Zuletzt hatte man den "tip" irgendwann in den Neunzigern gelesen, als er unverzichtbar war (wegen Prä-Internet), beziehungsweise sich Neu- und Jungberliner in zwei Kategorien unterteilen lassen konnten: "tip"- und "zitty"-Leser*innen (... das ist sicher ein romanfüllendes Thema, das ich hier so abkürzen möchte: "tip" eher die modernen, wavigeren, serviceorienierten, weil mit TV-Programm zum Rausnehmen - "zitty" eher zeckenpunk und öko-kleingedruckt auf Umweltklopapier. Austausch zwischen den beiden Fraktionen: schwierig bis selten). An dieser Stelle muss ich mich selbst leider als früheren "tip"-Leser outen, unter anderem weil Hagen Liebing mal eine Story über Sting von mir abgedruckt hatte und weil er billiger war als die noch schlimmere "tv-spielfilm" aus meiner ganz harten TV-Junkie-Zeit, aber ich wohnte damals auch noch in Friedenau.

Weil die aktuelle Ausgabe Heft 19 für die Zeit vom 6.9. bis 19.9.2018 ausnahmsweise mal nicht mit Essen, sondern tatsächlich Literatur aufmacht, habe ich mal wieder reingeblättert. "BERLIN LESEN - Die besten Geschichten schreibt die Stadt. Plus: ilb-Literaturfestival" klingt als Titelthema allerdings gleich wieder so einfallslos bescheuert, wie das pseudocoole Styling des armen Covergirls mit Nadelstreifen-Jacket und Ansage-Schlangenlederboots aussieht, das sich dann beim Aufschlagen des Magazins tatsächlich als Autorin entpuppt, die auf zwei knappen Seiten erzählen muss, wie sie an der grausam dämlichen Berlin-Themenvorgabe ("... die besten Geschichten schreibt ...") scheitern muss, weil die Stadt sie (und sie folglich uns) einfach nur zulabert: "Das urbane Monster umschlingt einen, stets gut gemeint, mit seinen klebrigen Ärmchen, die nicht mehr so schnell loslassen."

Bingo, da hat es einen gleich wieder gepackt, das geile "tip"-Bad-Writing, in dem nichts stimmt und jede "stets gut gemeinte" Beschreibung so klingt, wie sich noch niemand immer schon gefühlt hat. Allerdings wäre dieser Text hier zu Montag und der "tip" nicht der "tip", wenn er einen dann nicht doch noch mit zwei schönen Entdeckungen aufheitern würde:

Zum einen ein knappes Porträt von Bert Rebhandl über Helene Hegemann (deren Erzählung "The Day I Fucked Her Husband At The Lake" glücklicherweise noch zu den besseren im Sammelband "Sagte sie" gehörte) mit der schönen Einstiegseinschätzung:

Helene Hegemann sitzt auf einer Bank unweit der S-Bahn-Station Nikolassee und macht sich Gedanken über Sätze. Sie sollen vor allem nicht durchschaubar sein. Sie will Überraschungen, fürchtet sich vor Pseudo-Überraschungen, sie will gute Sätze, was sie gar nicht mag, ist etwas "kurz vor gut. Richtig schlecht ist auch wieder okay."

Und ein Text von Jan Uthoff über den Musiker Daniel Lopatin alias "Oneohtrix Point Never" (der mit "Age of" gerade das Album der Stunde veröffentlicht hat), der mit der wunderbaren Zwischenüberschrift "Träume von der Dummheit" vielleicht in eine ganz ähnliche Richtung wie Helene zielt:

Seine Alben, das ist auch bei "Age of" nicht anders, sind wie überbordende Materialsammlungen, sowohl musikalisch, als auch inhaltlich. "Wir sind eigentlich umgeben von Readymades, und das betrifft auch die Klänge", sagt Lopatin zu seinem künstlerischen Ansatz (...) "Selbst, wenn ich Musik höre, die extrem langweilig ist und keine Energie hat, sehe ich das nicht als Scheitern, sondern als Chance, mich selbst darin zu erkennen."

Und mit diesen beiden "tip"-Perlen startet man dann doch gestärkt in das schonungslose Programm einer weiteren Woche, ein bisschen milder gestimmt mit dem urbanen Monster mit den klebrigen Ärmchen (in uns allen!). - Meet me at kurz vor gut down by them old Berlin-Stories.

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