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Literatur

Mein kleiner Buchladen: „Fußballbücher“ - 1. FC Köln

Mein kleiner Buchladen: „Fußballbücher“ - 1. FC Köln

Anne Hahn
Autorin und Subkulturforscherin
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Anne HahnMontag, 07.08.2017

"Das Problem als Torwart ist ja, dass du dich dauernd selbst unter Strom setzen musst. Und gleichzeitig für dein Team Ruhe ausstrahlen. Auch wenn der Ball ganz woanders ist, musst du deine innere Spannung halten.“ Ich zog an der Zigarette und verlagerte kurz mein Gewicht auf der Fensterbank, weil die Sitzposition zu anstrengend wurde. „Denn wenn du raus musst aus dem Kasten, dann kannst du das nicht mit halber Kraft machen. Sonst rauscht dir der Stürmer sofort in die Parade und du wirst selbst verletzt. Du musst voll rauskommen, ohne Rücksicht auf Verluste. Und dann passiert meistens auch nichts.“ P. machte ein diesem Dilemma angemessenes Geräusch, das wie „Mhm“ klang, und legte das Feuilleton mit dem Knausgård-Artikel raschelnd zusammen.

In meinem Buchladen stehen einige Handvoll Fußballbücher, mehr als in der Sciencefiction-Abteilung, jedoch deutlich weniger als bei den Kochbüchern oder Religion. Es landen immer mal wieder EM und WM Nachschlagewerke bei mir, Fußball-Anthologien und neuerdings die Fußballfibeln des Culturcon-Medien-Verlages. Inzwischen gibt es 14 Stück davon, über Union, den BFC, Babelsberg, Hansa Rostock, den FCM, Sankt Pauli usw. Andreas Merkel, Piqd-Kollege, Knausgård-Fan und Torwart der Nationalmannschaft der Autoren (kurz Autonama), hat die Nummer 11 über den 1. FC Köln geschrieben.

Auf 126 Seiten gelingt es Merkel, seinen Kosmos des rotweißen Vereins zu erklären, ohne Fakten abzuhandeln. Keine Statistik, kein Stadionbesuch, keine Auswärtsfahrt. Wir trudeln an zehn Tagen mit ihm zwischen der Berliner Invalidenstraße und dem Bero (Platz des Vereins Berolina Mitte, Trainingsort der Autonama, gelegen zwischen Linien und Auguststraße) hin und her, finden uns bei Dussmann und Rewe wieder – oder per Fahrrad unterwegs zu den Feldern hinter Marzahn. Das ist höchst vergnüglich und hat mehr mit dem FC zu tun, als es vermuten ließe. 

Jedes Kapitel ist einem seiner Helden gewidmet, das erste dem Torwart Timo Horn, inspiriert von einem zehnjährigen Jungen im Torwarttrikot auf dem Bolzplatz einer Grundschule, welche an Merkels Schreibwohnung grenzt. Der Autor sinniert:

"Als ich gefragt wurde, ob ich für die Fußballfibel-Reihe ein FC-Buch beisteuern wolle, sagte ich nach etwa halbjährigem Zögern zu. Einerseits hasse ich Fußballbücher. Andererseits, dachte ich damals, hätte ich wirklich eine Menge zum FC zu erzählen, im weitesten, also autobiographischen Sinne."

Und so ist es, getreu seinen (literarischen) Vorbildern legt uns Merkel ein "Fan-Tagebuch-Roman zur EM 2016" vor, vom letzten Mittwoch im Juni bis zum Sonnabend vor dem Finale. Es musste ein Sonnabend sein, denn das ist der SZ-Tag! „Wenn ich Haustiere hätte, würde ich den Hamster „Köln“, den Hund „Süd“ und die Katze „Deutsche“ nennen und niemals schlagen." An dieser Stelle (Seite 120) hatte ich schon ein Dauergrinsen im Gesicht. Merkel spielte zuvor mit Freunden Tischtennis, gab sich bei einem Türsteher als Moritz von Uslar aus, tauschte SMS' mit Kumpel Browntown und las einem Peter die Geschichte eines beinah schwulen andalusischen Torwartes vor – nein, es ist schlichtweg unmöglich, die fantastische und wie beiläufig hin gezauberte Ironie dieses Textes nachzuerzählen! Bittersüß die Gesprächs-Passagen des Autors mit seinem Vater, als Eingeständnis des ewig Verpassten. Wie er das Phänomen Poldi erklärt, Heidegger als Deuter des Fußball-Fan-Daseins gebraucht und das Misslingen seiner Reading-Berlin-Kolumne bei einer der großen Tagesszeitungen Berlins beschreibt, ist einfach brillant.

"In meinem Leben gab es vielleicht drei Male, in denen ich dachte, das ist jetzt der Durchbruch. In der Sexta gewann ich den Buchpreis als bester Schüler der Unterstufe und wähnte mich vor einer Karriere als Atomphysiker. Die Veröffentlichung meines Debütromanes beim selben Verlag, in dem auch Nick Hornby erschien. Und die Teilnahme am Bachmannpreis in Klagenfurt, wo ich mir nach vielversprechender Jury-Diskussion durchaus Titelchancen einräumte. Gemessen an diesen Erlebnissen war das Ende für "Reading Berlin" nach nur drei Monaten kein ganz so harter Schlag."

Die "1. FC Köln Fußballfibel" ist für die Wahl zum Fußballbuch des Jahres der Akademie für Fußballkultur nominiert. Die Entscheidung fällt am 30. August.

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