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Literatur

Kinderbücher 5: DIE HASEN und der Wilddieb Waldemar – Die 777. Hasengeschichte

Kinderbücher 5: DIE HASEN und der Wilddieb Waldemar – Die 777. Hasengeschichte

Jochen Schmidt
Schriftsteller und Übersetzer
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Jochen SchmidtDonnerstag, 13.04.2017

Gleich hinterm Dorfe Fehlefanz, über die Wiesen, durch die Hecke, am Waldrand beim Kornfeld (wo die große Kuschelkiefer ist) haben Hasen ihr Lager", so beginnt diese Geschichte, die, wenn man so will, von Flucht und Vertreibung handelt, denn die Hasen müssen den Wald verlassen, weil Milan, Fuchs, eine Bulldogge und Jäger sie dort bedrohen. Aber der erste Satz sagt mir auch deshalb so zu, weil er so aufgebaut ist, wie man als Kind keinen Aufsatz schreiben dürfte, nämlich mit einer Kaskade von adverbialen Bestimmungen des Orts, genau wie ich sie manchmal über meine Klassenarbeiten schrieb: "Jochen Schmidt, Klasse 5b, 27.OS, Berlin-Buch, DDR, Europa, Welt, Sonnensystem, Milchstraße". Weil es schon 776 Hasengeschichten gebe, habe er hier die 777. aufgeschrieben, führt der Autor im Vorwort aus, das wie das Nachwort, auf dem Inneneinband abgedruckt ist, was mir als Kind gefallen hat, da es von der gewohnten Gestaltung abwich. Das Buch stammt von 1976 und ist, was in einem Land wie der DDR immer schon ein Politikum war, frei von jeder Anspielung auf den DDR-Alltag oder gar ideologischen Einsprengseln. Umso bemerkenswerter, weil sein Autor immerhin Cheflektor und später Direktor des Kinderbuchverlags Berlin war. Fred Rodrian, der noch Krieg und Gefangenschaft erlebt hatte, ist manchen vielleicht durch die prä-ökologischen Tiergeschichten „Hirsch Heinrich" und „Das Wolkenschaf" bekannt. Illustriert hat das Buch Gertrud Zucker, die in der DDR an über 100 Kinderbüchern beteiligt war, aber nach der Wende kaum noch Aufträge bekam. (Wie bei vielen DEFA-Regisseuren kann man häufig auch bei DDR-Kinderbuchillustratoren auf Wikipedia unter „Werke" diesen bedauerlichen Bruch konstatieren.) „DIE HASEN und der Wilddieb Waldemar" ist eines dieser Bücher, die ich vergessen hatte und deren Illustrationen mir bei der Wiederbegegnung einen angenehmen Erinnerungsschock versetzt haben. Ich hatte die spärlichen Bartstoppeln von Waldemar und seine dürren Hände, mit denen er eine seiner Drahtschlingen hält, um damit Hasen zu fangen, tief in meinem Gedächtnis verstaut. Ebenso den Igelstachel, der später in seiner Nase steckt, nachdem Waldemar nachts versucht hat, den Hasen auch in der Stadt noch nachzustellen. Denn die Hasen sind in die Stadt geflohen, wo es zunächst abstoßend nach Benzin riecht, wo sie aber in einem kleinen Park untergekommen sind, von Kindern begeistert begrüßt und vom greisen Parkwächter Albert beschützt. In der Mitte des Parks steht kein Denkmal für Marx oder die Gefallenen der Novemberrevolution, sondern für den Erfinder des Lebertrans, der mahnend den rechten Zeigefinger in die Höhe streckt. Ob heutige Kinder noch wissen, was Lebertran sein soll und warum er bei Kindern früher angeblich so unbeliebt gewesen ist? (Viele Kinder verstehen ja - glücklicherweise - schon nicht mehr, was es bedeutet, wenn der Vater bei „Vater und Sohn" seinen Sohn „übers Knie legt".) Eine Bekannte von mir behauptet, Babys müssten gar keinen Brei essen, sondern sie wären eigentlich in der Lage, das für sie richtige Essen selbst auszuwählen. Kinder mit Rachitis würden sich, wenn bei der Erziehung alles richtig liefe, instinktiv für Lebertran entscheiden. Ich will ihr nicht widersprechen, aber ich hätte mich als Kind instinktiv für Maoam entschieden. Lebertran gab es auch zu meiner Zeit schon nicht mehr. (Wo gibt es den eigentlich zu kaufen?) Für Mümmelchen, das Hasenkind, bricht im Park eine glückliche Zeit an. Er erlebt sogar ein Abenteuer, als er für seinen Vater, der sich so nach frischer Petersilie sehnt, von einem Grünkramhändler ein Bund davon klaut und dabei für einen Bären gehalten wird. Es gelingt den Hasen, mit Hilfe eines Igels und des Parkwächters Albert, den Wilddieb Waldemar gefangen zu nehmen. Trotzdem ist die Stadt auf die Dauer kein Ort für sie, und sie gehen am Ende wieder nach Fehlefanz, wo wenigstens die Bulldogge inzwischen an der Kette liegt, wie das Nachwort berichtet. 

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