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Literatur

Golem reloaded

Golem reloaded

Jan Kuhlbrodt
Autor und Philosoph

*1966 in Karl-Marx-Stadt
Studium in Leipzig und Frankfurt am Main
Redakteur bei EDIT und Ostraghege
freier Autor
letzte Veröffentlichungen: Kaiseralbum (Verlagshaus Berlin), Das Modell (Edition Nautilus), Die Rückkehr der Tiere (Verlagshaus Berlin)

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Jan KuhlbrodtMittwoch, 23.12.2020

Ein großartiges Buch, bestehend aus drei Romanen, die von einer Geschichte grundiert sind, die einen Mythos neu initiiert.

Das Ganze wurde von Betty Wahl ins Deutsche übertragen. Ich stelle das an den Anfang, weil ich meine, dass das eine großartige Übersetzungsleistung ist, denn der Roman von Sjón zeichnet sich durch Vielstimmigkeit aus, oder nennen wir es besser: einen zuweilen rasanten Wechsel der sprachlichen Temperamente.

Wer spricht, wird zuweilen erst im Nachgang klar. In kleinen reflexiven Einschüben, in denen sich der jeweilige Erzähler seiner selbst versichert. Aber immer erzählt er auf schwankendem Boden aus, sei es der Erzengel Gabriel, oder sei es der Golem selbst, jenes aus Lehm geschaffene Wesen, dem durch seinen Schöpfer Leben eingehaucht wird.

Wir kennen es aus den Erzählungen, Mythen und Märchen der Prager Juden. Und immer wieder wurde der Golem Gegenstand literarischer Bearbeitung. Bis hin zu Meyrinks grandiosem Schauerroman. Doch immer blieb er sozusagen ortsgebunden, beschützte das Prager Judenviertel.

Wir befinden uns heute im Zeitalter der Globalisierung. Lokale Ereignisse gewinnen globale Bedeutung und die Verwerfungen der Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts haben die Konstruktionen gründlich durchmischt.

Sjón erzählt in seiner Romantrilogie CoDex 1962 die Geschichte vor diesem verworfenem Hintergrund. Löw wird durch die Nazis seinem angestammten Raum entrissen, und gelangt als geschundener Gefangener nach Norddeutschland, wird in einem Versteck gepflegt, hier ergibt sich eine Liebesgeschichte und Löw findet ins Leben zurück, ins Gehen und Sprechen.

Er zieht weiter nach Island. Wo er letztlich seinem Golem Leben einhaucht, oder einträufelt. Assistiert wir er dort von einem russischen Geheimdienstmitarbeiter, den er in einem Sprachkurs kennengelernt hat. …

Die Erweckung des Wesens jedenfalls geschieht im Jahre 1962, das zufälligerweise auch das Geburtsjahr des Autors ist, und in den Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts zurrt einiges zusammen. Die Cubakrise und die ersten bemannten Raumflüge. Medizinischer Fortschritt. 

Auch verknüpft der Roman Motive der Postmodernen Literatur wie das Spiel mit seltenen Briefmarken, was ein leitendes in Pynchons erstem Roman „Die Versteigerung von Nr. 49“ bildet, zu einem grandiosem Vexierbild.

„Vom ersten Moment meines Lebens an waren meine fünf Sinne vollkommen, meine Augen sahen; meine Ohren hörten, meine Nasenlöcher nahmen Geruch auf, Geschmack überzog meine Zunge, meine Haut spürte die Berührung mit Festem und mit Gasförmigem.
Was ich wahrnahm, zog ich gierig auf. Und mit Worten kann ich dich in jede erdenkliche Zeit und an jeden erdenklichen Ort versetzen, der in meinem kristallklarem Gedächtnis gespeichert ist.
Ich bin eine Zeitmaschine.“

Das ist ein Credo der künstlichen Lebensform, die der Golem letztlich ist. Und erzählend gelingt es ihm und auch dem Autor, den Leser durch ein ganzes Jahrhundert zu katapultieren. zumindest durch seine zweite Hälfte, in der die maroden Gewissheiten in den Auswirkungen der Wissenschaften, in den Atomblitzen der Technologie zerfallen. 

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