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Literatur

FRUCHTFLIEGEN ÜBER VERDORBENEM

FRUCHTFLIEGEN ÜBER VERDORBENEM

SABINE SCHOLL
Autorin
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SABINE SCHOLLSamstag, 29.07.2017

Das Unheimliche ist seit langem eher im Film und in der Populärkultur aufgehoben; so als wäre die Ordnung der Literatur ein weniger geeignetes Instrument, um Verdrängtes aufscheinen zu lassen. Ausnahmen, wie etwa die Erzählungen der Französin Marie NDiaye arbeiten meisterhaft mit Ellipsen und Verschiebungen. Auf welche Weise sich Gothic mit politischem Anspruch und Zeitdiagnose überzeugend verbinden können, zeigen die kürzlich erschienenen Geschichten „Was wir im Feuer verloren“ der Argentinierin Mariana Enríquez.

Ohnehin waren die Pforten der Wahrnehmung in der südamerikanischen Literatur nie wirklich fest verschlossen. Die zunächst alltäglich und harmlos scheinenden Erzählungen Enríquez’ kippen rasch ins Unheimliche, ohne sich all zu weit vom Realen zu entfernen. Vielmehr meint der Leser dem Verdrängten der Vergangenheit zu begegnen, welche sich in grausamen Spielen und Ritualen, verhexten Gebäuden, Folterszenen, durch Drogen und Wahnsinn verzerrten Menschen manifestiert. Die Wand zwischen dem Vergangenen und dem Gegenwärtigen ist durchlässig. Das Verdrängte der Diktatur schwappt ständig ins Reale und peinigt die nachkommenden Generationen. Menschen verschwinden grundlos, Tote existieren neben Lebenden, die Geister von – in einer Brücke einbetonierten – Militäropfern erscheinen den darüberrollenden Autofahrern, Schatten von Mördern beeinträchtigen den Alltag. Weil die grausamen Taten der Vergangenheit weiterhin unverarbeitet und ungesühnt in den Köpfen der Protagonisten existieren, können sie sich überhaupt materialisieren. Alles und jedes kann so jederzeit und überall hervorbrechen: In verlassenen Häusern finden sich Fingernägel und Zähne, Fruchtfliegen über Verdorbenem erscheinen als „winzige Bruchstücke fliegender Finsternis“, Körperteile mutieren, bilden Saugnäpfe statt Fingern aus. Die Lektüre dieser drastischen Texte führt zu unmittelbaren körperlichen Reaktionen; der Verstand hilft bloß, die dabei empfundene Angst etwas zu regulieren.
Enríquez will physische Betroffenheit erzielen, die hinausreicht über faktisches Wahrnehmen, das die Autorin, die auch als Journalistin arbeitet, mit Reportagen weniger zu erreichen meint: „Wir alle gehen auf Knochen, man muss nur tief genug graben, dann gelangt man zu den zugedeckten Toten.“ Heißt es in einer Erzählung. Wir haben uns nur daran gewöhnt, ständig nach vorwärts zu schauen, doch die Geister der Vergangenheit sind stärker, holen uns immer wieder ein. Wir sind nichts als ihre Behälter und so fordern sie unsere Aufmerksamkeit, ohne dass wir uns dessen dauernd bewusst werden.

Die Kombination des Unheimlichen mit einem sozialkritischen und politischen Blick auf argentinische Zustände machen dieses Buch so besonders.

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