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Literatur

DIE MEHRMÄNNEREHE

DIE MEHRMÄNNEREHE

SABINE SCHOLL
Autorin
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SABINE SCHOLLDonnerstag, 08.02.2018

Auf lange Sicht gesehen läuft eine Bevorzugung des männlichen Geschlechts meist schief, wie man Berichten über die Einkind-Politik Chinas entnehmen kann. Dort wurden anscheinend weibliche Föten vermehrt abgetrieben und damit beträchtliche Probleme geschaffen. Denn sobald die wertvollen Sprösslinge heiraten und eine Familie gründen wollen, müssen sie feststellen, dass es zu wenig Frauen für alle gibt. Manche suchen in anderen asiatischen Ländern nach Gefährtinnen. Eine weitere Möglichkeit erforscht der Roman von Maggie Shen King „An Excess Male“.

In einem zukünftigen China sind Frauen rar und bilden eine beträchtliche Einnahmequelle für ihre Eltern, da für das Recht, sie zu heiraten hohe Brautpreise gezahlt werden müssen. Der Notstand ist so groß, dass von staatlicher Seite die Mehrmännerehe eingeführt wurde. Damit können überschüssige Söhne in Familienverbänden untergebracht und die Chancen auf Nachwuchs erhöht werden. Auch die Heiratsvermittler verdienen mit diesen neuen familiären Modellen eine Menge Geld, indem sie die Verhandlungen um passende Partner und die zu zahlende Mitgift übernehmen.

Um die Trefferquote für Babys zu verbessern, hat die autoritäre Regierung zusätzlich Homosexualität und psychische Krankheiten kriminalisiert. In staatlich regulierten Institutionen dürfen Männer ihre sexuellen und aggressiven Bedürfnisse ausleben, um den Überschuss an Testosteron loszuwerden, der das soziale Gefüge in Gefahr bringen könnte.

Maggie Shen King stellt nun in ihrem Roman eine Familie von Außenseitern ins Zentrum. Die gebärfähige junge Frau stammt aus einer armen Familie, welche illegal mehrere Töchter produzierte und diese für viel Geld als Ehefrauen anbot. May-Ling wurde mit einem unzertrennlichen Brüderpaar verheiratet. Der eine ist ein verkappter Homosexueller, der versucht sich unter dem Schirm einer Mehrmännerfamilie den Anschein von Normalität zu geben. Der andere, ein Autist, ist gewiefter Programmierer, der für das Sicherheitssystem des Staates arbeitet. Er fühlt sich vom Zusammenleben überfordert, würde am liebsten allein wohnen, doch das wird sozial schwer geächtet. Also verbringt er so wenig Zeit wie möglich zuhause und umgibt sich mit streunenden Hunden, mit denen er Familienaufstellungen betreibt. Dann bringt er alle in Gefahr, als er sich scheiden lassen will.

Der kleine Sohn ist schwer erziehbar und seine Mutter hat Angst, dass er das diffamierende Label eines Badboys verpasst bekommt. Andererseits ist er der einzige Mensch, der einigermaßen tun und lassen kann, was er will. Das Kind ist der eigentliche Herrscher, ohne den der Staat seinen Bestand nicht sichern kann.

Der zukünftige dritte Ehemann Wei Guo, der sich in der Eingangsszene um Aufnahme in die Familie bewirbt, ist bereits weit über das Heiratsalter hinaus, da seine beiden Väter es bis dahin nicht geschafft haben, den hohen Brautpreis anzusparen. Trotzdem der sympathische Personal Trainer nach und nach bemerkt, wie dysfunktional diese Familie ist, will er nichts unversucht lassen und freundet sich mit jedem der Mitglieder an. Dann aber verhindern soziale Kontrolle, Polizei und Staatsapparat ihr Zusammenkommen, da sie sich nicht regelkonform genug verhalten. Der Homosexuelle wird verraten, kommt in Haft. Ab nun sind die verbliebenen Familienmitglieder angehalten, um seine Freilassung und Rehabilitation zu kämpfen.

Der Zusammenhalt der Patchwork-Familie mit Männerüberhang basiert dabei weniger auf romantischen Kategorien und Gefühlen, sondern auf Zugehörigkeiten, Notwendigkeiten und der Pflicht, Verantwortung füreinander zu übernehmen. Und um Geld geht es immer – Bestechungsgeld, Lösegeld, Brautgeld – mit Geld werden immer Lösungen gefunden. Letztlich rettet der autistische Hacker die vertrackte Situation, weil er klüger ist als das System, das ihn angeheuert hat, um seine Sicherheit zu schützen.

Der Roman ist inspiriert von Margaret Atwoods „Report der Magd“, in dessen Welt ebenso alternative Konzepte der Produktion von willigen Staatsbürgern ausgetestet werden. Maggie Shen Kings Variante befindet sich jedoch näher an der Gegenwart und an realen Gegebenheiten. Die amüsant zu lesende Geschichte ist Denkmodell wie Satire gleichzeitig und einmal mehr Beweis dafür, dass Science-Fiction als gesellschaftskritisches Instrument eingesetzt werden kann.

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