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Literatur

Der Zufall und Max Frisch

Der Zufall und Max Frisch

Felix Lorenz

Schreibt hier über Literatur und Literaturähnliches.

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Felix LorenzSamstag, 27.05.2017

Man kann sich beim Lesen gut vom Lesen abhalten. Ich erwische mich oft dabei, dass ich immer wieder die Gleichen lese, immer wieder zur selben Gruppe von Autoren zurückkehre, auch wenn etwas in mir nagt und mich daran erinnert, was ich noch alles auskundschaften sollte und was gerade jetzt ganz dringlich zu kennen wäre, in diesen wie auch immer gearteten Zeiten. Manchmal empfinde ich es als Beschränktheit, wie ich an Vertrautem festhalte, und wie ich lieber Wiederholungen in Kauf nehme, statt etwas Neues zu sehen. Das Gefühl einer warmen Stube im Hirn ist kein zu gutes Gefühl.

Aber auch wenn man nicht in die Richtung liest, in die man gerade lesen sollte, gibt es die glücklichen Zufälle, die es schaffen, dass man an einer vollkommen entlegenen Stelle, in irgendeinem Nebentext, ganz unerwartet wieder mitten in der Gegenwart landet. Das Lesen ist oft wie ein Maulwurf. Man weiß nie, an welcher Stelle es an die Oberfläche bricht. Es führt weg von der Welt; wenn man will, flüchtet man vor ihr ins Buch und erschließt sie dann erneut.

Ich bin also wieder dabei, mich willkürlich durch Max Frisch hindurchzulesen, als ich beim Dienstbüchlein hängen bleibe, eine Schilderung seiner Zeit als Soldat bei der Schweizer Armee während des Zweiten Weltkriegs. Und auf einmal befinde ich mich in den aktuellen Diskussionen um die Bundeswehr. Frisch beschreibt, wie sich die Armee eines demokratischen Staates für den Fall bereit macht, dass sie zu seiner Verteidigung schreiten müsste. Für die Schweiz selbst bleibt der Ernstfall aus, aber sie ist von Ernstfällen umzingelt und muss jederzeit damit rechnen, in den Krieg gezogen zu werden. Was Frisch beschäftigt, ist die Paradoxie des demokratischen Militärs:

Der Widerspruch, daß die Armee zur Verteidigung der Demokratie in ihrer ganzen Struktur antidemokratisch ist, erscheint nur als Widerspruch, solange man die Beteuerung glaubt, sie verteidige Demokratie, und das glaubte ich allerdings in diesen Jahren.

Ist die Landesverteidigung immer wichtiger als die Systemverteidigung? Frisch geht es vor allem um die Frage, wie demokratisch die Demokratie im Ernstfall bleibt, warum sie in sich Strukturen ausbildet, die ihr zu widersprechen scheinen und welche Personenkreise an welchen Stellen der Hierarchie zur Entfaltung kommen. Das klingt vielleicht kritischer, als es gemeint ist. Wie fast immer betreibt Max Frisch mehr Selbstbeobachtung als Fremdbeurteilung und prüft vor allem sich und sein Handeln in der Rolle, in die er, warum auch immer, hineingeraten ist.

Die hauptsächliche Erinnerung an Militär: Erinnerung an Leere. Das Gedächtnis sucht Vorkommnisse; man glaubt es sich ungern, daß man so leer sein konnte. So war es aber. Man sagte: Ich gehe jetzt scheißen. Man sagte: Ich muß jetzt saichen. Man sagte: Jetzt habe ich scheißen können. Das war es, was es mitzuteilen gab.

Beschreibungen von Kriegshandlungen gibt es in der Literatur reichlich. Es ist da nicht ganz verkehrt, wenn einem auch mal eine in die Finger gerät, bei der alles im Frieden der Neutralität verharrt, auch wenn es ein angespannter Frieden ist.

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