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Literatur

Buskaschi oder der Teppich meiner Mutter

Buskaschi oder der Teppich meiner Mutter

Anne Hahn
Autorin und Subkulturforscherin
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Anne HahnSamstag, 30.07.2016

Niemals zuvor hatte ich eine vollkommen unbekleidete Frau, eine solch außergewöhnlich wohlgeformte Gestalt gesehen...

Erst vor einem Jahr ist der 650 Seiten starke Debüt-Roman des afghanisch-stämmigen Autors Massum Faryar erschienen, der inzwischen mehr als die Hälfte seines Lebens in Deutschland beheimatet ist. Und auf Deutsch schreibt. Ein Junge begleitet seine Mutter in den Frauen-Hamam. Von einer Badekabine rutscht das übergehängte Badetuch herunter und gibt ihm den Blick auf eine Frau frei. Sie winkt ihn herein und seift ihn ab, auch er darf ihren Oberkörper einseifen, bis ihn die Mutter ruft…

Für Schaer war dies der letzte Besuch im Frauen-Hamam, und es wird noch einige Abschiede geben in einem Buch, das beinahe einhundert Jahre afghanischer Geschichte und Geschichten umfasst.

Ein Buch wie ein Teppich. Miteinander verwobene Bilder, die sich zu feinsten Fädchen aufdröseln, ohne sich zu je verlieren. Ich las mich skeptisch ein, mit dem Vorsatz, etliche Seiten überspringen zu wollen. Aber – nichts da! Ich war ganz bei Schaer, dem Jungen. Und seinem Vater, Ziehvater, den Brüdern, Schwestern, den schönen Mädchen von Herat und der dementen Mutter im Jahre 2008, als der Geschichtsbogen sich schließt. Schaer kehrt nach einem halben Jahrhundert in seine Heimatstadt zurück, blickt mit der verwirrten Mutter auf ihren alten Teppich und erzählt uns von einem Land, das zwischen Pakistan und der Sowjetunion, zwischen Großmächten, Diktaturen und aufkeimendem Fundamentalismus zerrieben wurde.

Wir rauchen amerikanische Zigaretten und zünden sie mit russischen Streichhölzern an“, sagt ein Onkel dem Studenten Schaer, der gern mal in Ohnmacht fällt, wenn es brenzlig wird. Da brennt es auch schon in Kabul. Russische Raketen fliegen ins Regierungsviertel und die Zeit der Schlaghosen, Mao-Demos und kiffenden Touristen ist vorbei.

Bleibt die Erinnerung. Ein berührendes Buch um den Verlust einer Heimat. Besonders beeindruckt haben mich die starken Frauen-Figuren, die resolut handeln, hier einen brutalen Dschihadisten aus Rache töten, dort Vaterhaus und Religion den Rücken kehren, aus Liebe. Duft und Farben der Orte der Kindheit, Sternenhimmel und Schneetreiben über Granatapfelbäumen, gepaart mit der Stärke und Zärtlichkeit eines blutsübergreifenden Familiensinns – das macht die Poesie dieser, unserer, der Literatur aus.

Ich möchte auf Massum Faryars Teppich verweilen, in die geknüpften Augen der toten Ziege bohren, welche sich die Reiter beim traditionellen Buskaschi abjagen – oder steige ein wenig auf den alten Teppich meiner Mutter und höre Else Lasker-Schüler flüstern:

Strahl in Strahl, verliebte Farben,

Sterne, die sich himmellang umwarben.

Unsere Füße ruhen auf der Kostbarkeit, 

Maschentausendabertausendweit.

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