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Literatur

Ballverliebt

Quelle: "Ballverliebt" Edel Germany GmbH

Ballverliebt

Jochen Schmidt
Schriftsteller und Übersetzer
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Jochen SchmidtMittwoch, 23.11.2016

Die piqd-Leitung hat uns gebeten, in diesem Kanal bei Gelegenheit auf eigene Neuerscheinungen hinzuweisen, man möge mir die nun folgende Eigenwerbung also nachsehen. Im Fall des Buchs, das ich hiermit ankündigen will, fällt mir die Schamlosigkeit leichter, da die Idee zum Projekt nicht von mir stammte und ich nur einer der Beteiligten bin. Vor ungefähr einem Jahr bekam ich eine Anfrage von Edel books, ob ich interessiert wäre, zu einer Sammlung von Amateurfotografien mit Fußballszenen, Texte zu schreiben. Der Fotografieexperte und Sammler Jochen Raiß hat über Jahrzehnte Fotos auf Flohmärkten gesammelt und aus diesem Material bereits ein sehr schönes Buch komponiert: „Frauen auf Bäumen", das eine verblüffende Vielfalt von Amateuraufnahmen enthält, die alle Frauen auf Bäumen zeigen. Ein rätselhaftes Motiv, das in der Häufung immer geheimnisvoller wirkt. Die Fotografen dieser Schnappschüsse haben sich ja nicht abgesprochen, für jeden von ihnen lag es nahe, eine Frau auf einem Baum zu fotografieren, keiner von ihnen hat womöglich geahnt, dass er damit an einem populären Phänomen teilhat. Nun hatte Jochen Raiß die Idee, ein anderes Buch zusammenzustellen, das Bilder aus seinem Fundus von Fußballaufnahmen versammelt. Ich habe diese Bilder monatelang intensiv betrachtet, um Worte dafür zu finden, was an ihnen so reizvoll ist. Manchmal war das Wesentliche sofort zu sehen, wie bei den Frauen, die auf ein neu gezimmertes Tor geklettert sind, um es weiß zu streichen, oder bei den älteren Herren, die nach dem Spiel mit über den Bauch hochgerolltem Sporthemd ein Flaschenbier kippen, oder bei den vielen einsamen Torhütern, die sehnsüchtig das Geschehen beobachten, das sich fern von ihnen abspielt. In anderen Fällen passierte das Entscheidende, wie bei Breughel, im Hintergrund, z.B. bei dem Mannschaftsfoto, das abgekämpfte Männer mit altertümlichen Lederschnürschuhen zeigt, und hinter ihnen sieht man, wie ein Spieler und ein Mann im Anzug einen Verletzten hochheben, damit er auch aufs Foto kommt, als wollten sie ein Ausstellungsstück präsentieren. Ich habe die Bilder mit der Lupe nach Details abgesucht, um möglichst viel zu erfahren und in die Szene hineinzuschlüpfen. Viele der Schwarz-Weiß-Aufnahmen stammen von vor dem Krieg, auch wenn man das Datum und den Ort nur raten konnte, man sah Mannschaftsfotos von finster blickenden Männern mit Schnurrbärten und Kopfverbänden, mit bandagierten Knien, Melone oder Mittelscheitel, fast nie sah man richtigen Rasen, meistens Schlacke oder holprigen Acker. Fußball, wie wir ihn aus dem Fernsehen kennen, ist nur ein winziger Ausschnitt dessen, was diesen Sport ausmacht. Mal habe ich mich bei den Momentaufnahmen intensiver kollektiver Konzentration auf einen (oftmals unsichtbaren) Ball an eigene Fußballerfahrungen erinnert gefühlt, mal habe ich versucht, in die Köpfe der Abgebildeten zu gucken. Über den komischen Ernst dieses Kampfes um den Ball wollte ich schreiben, über die Melancholie des alternden Mannes, der langsam von seinem geliebten Spiel Abschied nehmen muss und sich an die Unbeschwertheit langer Kindheitsnachmittage erinnert, wenn man nicht mehr brauchte als einen Ball und zwei Schultaschen als Tor, über das ewige Epos, an dem wir als Zuschauer beim Profifußball mit der ganzen Folklore von Trainerentlassungen, Wechseldementis, Spielerfrauen, kuriosen Verletzungen teilhaben. Wie kurz das Sportlerleben der Spieler ist, kürzer als ein Hundeleben! Die Arbeit am Buch war eine große Freude. Wir haben uns für ein Covermotiv entschieden, für einen Titel „Ballverliebt" (nachdem „Bis es dunkel wird" lange der Favorit war), die Bilder mussten in die richtige Reihenfolge gebracht werden, das Layout wurde immer wieder verfeinert, meine Texte wurden immer länger, bzw. es wurden mehr, weil ich feststellte, dass zum Fußball zwar alles gesagt ist, aber eben noch nicht von mir. Zu gerne hätte ich eine eigene Amateuraufnahme in die Sammlung geschmuggelt, aber ich besitze kein einziges Foto, das mich als Kind oder Jugendlichen beim Fußball zeigt. Man hat damals einfach nicht so viel fotografiert. Ich habe nicht einmal ein Bild von meiner Einschulung. Aber vielleicht taucht ja irgendwann einmal auf einem Flohmarkt ein Bild auf, das jemand anders gemacht hat, und auf dem ich zu sehen bin. „Ballverliebt" erscheint am 12.Dezember 2016 und eignet sich, wie könnte es anders sein, ideal als Weihnachtsgeschenk.

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