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Literatur

Amüsant ausgezählt: Ben Blatts datenjournalistische Textanalysen

Amüsant ausgezählt: Ben Blatts datenjournalistische Textanalysen

Ira StrübelSamstag, 01.04.2017

Mein Leben lang habe ich es geheim gehalten, endlich kann ich mich outen: ich mag die Bücher von Jane Austen nicht besonders. Dank “Nabokov’s favourite word is mauve” bin ich nun in der Lage, so zu tun, als basiere meine Abneigung auf empörenden Texteigenschaften und nicht auf meiner empörenden Unfähigkeit, Jane Austen zu lieben. Datenjournalist Ben Blatt hat das alles für mich ausgezählt.

Blatt nimmt sich Klassiker des englischsprachigen Kanons vor, dazu populäre Unterhaltungsliteratur und weitere digital vorliegende Texte. Und er zählt durch, was das Zeug hält: Unterschiede, Vorlieben, Auffälligkeiten.

Zum Beispiel Adverbien, die auf -ly enden. Anhand deren Zahl überprüft er, ob Hemingways Prosa wirklich so sparsam möbliert ist, wie gerne behauptet wird (Spoiler: schon, aber Toni Morrison spart noch eiserner). Ist an dem alten Schreib-Ratschlag, mit -ly-Adverbien möglichst zu geizen, überhaupt etwas dran? (Ja, tendenziell werden die adverbial mager ausgestatteten Bücher kanonischer Autoren besser bewertet). Und was ist mit Fan-Fiction? (Fan Fiction enthält mehr -ly-Adverbien: “[...] the novels that sell well in bookstores come in with 25% fewer adverbs than the average novel that amateur writers post online.”). Mit seinen Analysen zeigt Blatt Muster und Tendenzen auf, bespricht aber auch die Ausreißer, etwa Melville und Austen (ha!), deren durchschnittliche -ly-Adverbien-Quote nur knapp unter der von Twilight-Autorin Stephenie Meyer liegt.

In weiteren Kapiteln widmet sich Blatt unter anderem textlichen Gendermarkern (“Jane Austen, author of six novels, including Pride and Prejudice, is the one writer I could find who never wrote a book with he more than she.” Na gut. Aber sonst!), aber auch transatlantischen Fragen. So untersucht er, wie verbreitet der Gebrauch typisch britischer Begriffe in aus den USA stammender Harry Potter Fan Fiction ist (sehr) oder in erotischer Fiktion (nicht so sehr – dafür gibt es aber große Unterschiede im Wortgebrauch zwischen erotischen Texten aus Texas und solchen aus New York).

Buchtitel und Bestsellerlisten, Lesbarkeitslevel, erste und letzte Sätze ebenso wie Lieblingswörter, Satzanfänge und Absatzenden werden quantifiziert, analysiert und verglichen. Nicht ohne den einen oder anderen Skandal aufzudecken, etwa, dass von den 92 Romanen, die Danielle Steele bis 2014 veröffentlicht hat, schockierende 42 mit Wetterreferenzen beginnen – Bulwer-Lytton, eat your heart out. Oder dass sich Autoren oft nicht an die von ihnen selbst aufgestellten Regeln für guten Stil halten: “In his book 10 Rules of Writing Elmore Leonard offers a rule about exclamation points. He states, ‘You are allowed no more than two or three per 100,000 words of prose.’” [...] “Leonard’s 45 novels totaled 3.4 million words. If he were to follow his own advice he should have been allowed only 102 exclamation points his entire career. In practice, he used 1,651. That’s 16 times as many as he recommends! (!!!!!!!!!!!!!!!)”

Zum Ausgleich ist Leonard immerhin sparsam im Umgang mit “suddenly” (9 pro 100.000 Wörtern, im Vergleich zu Tolkien, bei dem mit einer Quote von 78/100.000 Geschehnisse auffällig häufig plötzlich hereinbrechen). Und ja, Jane Austen verwendet noch seltener “suddenly”als Leonard dies tut. Dafür ist dann eben alles voller “very”, “dear”, “lady”, “imprudence”, "civility" und, war ja klar, “fancying”.

Blatts Buch ist trotz aller Zählerei und seriös dreinblickender Graphiken keinesfalls ein literatur- oder sprachwissenschaftliches, obwohl es sich immer wieder in beiden Nachbarschaften herumtreibt. Eher kann man es als eine Anekdoten(Anekdaten?)sammlung lesen, die teilweise in Form von Zahlen und Schaubildern daherkommt. Man erfährt viel über Macharten und Marotten, weniger über “Kunst” und “Literatur”.

Menschen, die selbst mit großem Ernst im Rahmen wissenschaftlich wasserdichter Set-ups Texte auszählen und analysieren, oder Menschen, die literaturmagischen Theorien anhängen, werden deshalb “Nabokov’s favourite word is mauve” vermutlich nicht so viel abgewinnen können. Menschen dagegen, die sich schamlos an ganz unterhaltsam präsentierten “wusstest du eigentlich..?”-Faktoiden zu altbekannten Texten erfreuen können, finden hier jede Menge Material. Sogar, wenn sie Jane Austen mögen.


Ben Blatt: Nabokov's Favorite Word Is Mauve – What the Numbers Reveal About the Classics, Bestsellers, and Our Own Writing

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