Ich war neulich in Leipzig und habe dort Kunst gesehen, die mir Angst macht. Die hier gepiqte Videoarbeit von Signe Pierce und Alli Coates heißt American Reflexxx, entstand 2013 und wird in Virtual Normality gezeigt, einer Ausstellung, die sich – grob gesagt – mit Weiblichkeit, Sexualität und Adoleszenz in Zeiten der Sozialen Medien befasst (läuft noch bis 8.4. im MdbK.)

Viele Werke dort arbeiten sich an Instagram ab. Sie sind leider eher lame. Man erfährt, dass Instagram sexistisch ist, weil das Unternehmen die Fotos von Frauenkörpern strengeren Regeln (und offenbar einer härteren Durchsetzung dieser Regeln) unterwirft als die von Männerkörpern. Das ist nicht cool, aber ey: Ein Leben ohne Instagram ist möglich. Es ist vielleicht sogar sinnvoll.

Auch American Reflexxx ist eine Intervention, aber nicht in der privatisierten Suböffentlichkeit von Instagram, sondern im öffentlichen Raum, quasi in »der Gesellschaft«.

Signe Pierce läuft dafür im kurzen Rock und in hohen Absätzen die Einkaufsstraße einer US-Kleinstadt entlang. Sie trägt eine Maske, die ihr Gesicht verdeckt und die verspiegelt ist. Sie spricht kein Wort, macht gelegentlich Stripper-Moves.

Pierce sagt dazu:

I’d been inspired by portraying the hyper-sexualized “ideal girls” you see on TV/online/in porn: blonde, sexy, and silent [...]. I’m interested in what happens when you take that girl out of the screen and drop her into reality.

What happens? Entsetzliches. Schnell lassen die Leute auf der Straße, die durch die Fremde irritiert sind, ihre Selbstkontrolle fahren, werden grob und gewalttätig.

Dass sie sich im Gesicht ihres Opfers spiegeln (war das nicht mal die Definition von Empathie?) und dass Alli Coates die ganze Zeit filmt, scheint sie nicht zu hemmen.

Schwarze und Latinos sind genauso dabei wie Weiße, Junge eher als Ältere. Die handgreifliche Gewalt geht nicht zuletzt von Frauen aus.

Gewalt gegen eine Frau, aus einem Mob heraus, auf offener Straße, vor den Augen der Öffentlichkeit: offenbar kein Problem.