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Liebe, Sex und Wir

Das entspannte Verhältnis der Männer zum Dreck

Antje Schrupp
Politikwissenschaftlerin, Journalistin
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Antje SchruppDonnerstag, 04.01.2018

Das moderne Paar von heute ist emanzipiert und gleichberechtigt und teilt sich dementsprechend natürlich auch die Hausarbeit gerecht auf.

Haha, war nur ein Witz. Alle Studien in diese Richtung kommen ja zu demselben Ergebnis: Die Hausarbeit bleibt nach wie vor überwiegend an den Frauen hängen, egal wie emanzipiert sich ein Paar fühlt. Aber warum nur?

Das wollten drei Wissenschaftlerinnen mit einer Studie herausfinden, für die sie Paare befragt haben, in denen die Frau das Einkommen verdient, also das "männliche Ernährermodell" (er verdient das Geld, sie putzt und kocht) als Erklärung nicht dienen kann. Warum tun Männer auch dann noch weniger im Haushalt als Frauen, wenn die Frauen auch das Geld verdienen?

Die Ergebnisse sind interessant. Denn sie zeigen, dass die beteiligten Frauen selbst zu dieser Dynamik beitragen, indem sie die ungleiche Aufteilung rationalisieren. Sie sagen etwa: "Mich stört der Schmutz halt mehr als ihn, da putz ich das schnell weg." Auf diese Weise werden strukturelle Ungleichheiten psychologisiert und individualisiert. Mysteriöserweise haben Männer nämlich nicht nur in einzelnen Fällen, sondern ganz generell ein beneidenswert entspanntes Verhältnis zum Dreck. Für viele Paare sind solche Aushandlungsprozesse rund um den Alltag mühselig und aufreibend. Und so manche Frau stand wohl schon vor der Alternative, entweder dauernd die Meckertante zu sein, oder eben doch die, die es schnell erledigt. 

Ganz richtig daher die Forderung der Autorin, das Thema zu politisieren. Es geht eben nicht einfach nur um individuelle Aushandlungen in Paarbeziehungen. Es geht um Weiblichkeits- und Männlichkeitsbilder, es geht um falsche ökonomische Theorien, in denen Care-Arbeit immer noch nicht als echter Bestandteil von "Wirtschaft" betrachtet wird. 

Das Private ist halt doch politisch. Nicht nur, aber grade beim Putzen.

Das entspannte Verhältnis der Männer zum Dreck

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Kommentare 13
  1. Berthold Kaufmann
    Berthold Kaufmann · vor mehr als 6 Jahre

    hmm, wie ordne ich mich da jetzt ein, wenn ich als mann selber putzen will, meine frau aber unbedingt eine putzfrau meint zu brauchen.....
    schwierige gemengelage....diese theoretische überhöhung und verallgemeinerungen halte ich jedoch für unangebracht.....oder will sich da jemand bemächtigen, in dem die arbeit der anderen als minderwertig eingestuft wird?
    kurz gefasst....jeder putze seins....

  2. Elisabeth Dietz
    Elisabeth Dietz · vor mehr als 6 Jahre

    Als ich anfing zu studieren, hatte ich die Gelegenheit, eine gewisse Anzahl junger Männer bei der Haushaltsführung zu beobachten. Einer versuchte, Spaghetti zu kochen, indem er sie unter heißes Wasser aus dem Wasserhahn hielt. Ein anderer zeigte sich genuin erstaunt darüber, dass sich auf Oberflächen Staub sammelt. Einer, der schon etwas älter war, erzählte auf einer Familienfeier, wie er als Erstsemester wochenlang mit Plastikbesteck von Papptellern gegessen hatte, weil er nicht wusste, wie man spült. Niemand war entsetzt, alle lachten. Ich fragte die Jungs irgendwann nach ihren Pflichten im Haushalt ihrer Eltern und stellte fest, dass nur sehr wenige von ihnen je hatten putzen, waschen oder kochen müssen. Was wir also tun können: männliche Kinder regelmäßig putzen lassen. Dann sind sie als Männer nicht dazu gezwungen, Dreck zu übersehen und die Menschen, die mit ihnen zusammenleben, müssen weder alle sechs Wochen einen Nervenzusammenbruch bekommen noch sich selbst belügen.

  3. Tobias Schwarz
    Tobias Schwarz · vor mehr als 6 Jahre

    Danke für den Link. Andererseits muß man ja feststellen, und das tun auch die Autorinnen, daß das ein Bereich ist, in dem alle Menschen sich etwas vorlügen. Wie es Esther Perel so schön formuliert hat: Die Menschen wollen nachts mitunter Dinge, gegen die sie tagsüber auf die Straße gehen. Kognititve Dissonanz funktioniert im Persönlichen, nicht im Politischen. Oder das Politische macht das Persönliche kaputt.

    Houellebecq, Elementarteilchen (Film-Untertitel, mehr war auf die Schnelle nicht zu finden)

    "- Kennst du die?

    Oh ja. Ich habe mal vor 20 Jahrenin 'ner Wohngemeinschaft mit ihr gewohnt. Aber nicht lange. Ich habe diese Feministinnen nie ausstehen können. Diese Zicke und ihre bescheuerte Freundin redeten nur über die Arbeitsaufteilung. In wenigen Jahren haben sie es geschafft, die Typen aus ihrem Umkreis in impotente, griesgrämige Neurotiker zu verwandeln. Von da an, und das absolut systematisch, haben sie angefangen, der Männlichkeit nachzutrauern. Das sah dann so aus, dass sie ihre Typen in den Wind schickten, um sich von Latino-Machos vögeln zu lassen. Sie haben sich ein Kind machen lassen und angefangen, nach Rezepten aus der "Brigitte" Marmelade einzukochen."

    1. Elisabeth Dietz
      Elisabeth Dietz · vor mehr als 6 Jahre

      Ich glaube nicht, dass Männer, die putzen, automatisch zu impotenten, griesgrämigen Neurotikern werden. Ich kenne mehrere Männer, deren Identität so gefestigt ist, dass sie sich vollkommen männlich fühlen, während sie gleichzeitig Verantwortung für ihre Umgebung und ihre Familie übernehmen.

    2. Tobias Schwarz
      Tobias Schwarz · vor mehr als 6 Jahre

      @Elisabeth Dietz Bestimmt, ist aber aus meiner Sicht nicht der relevanteste Punkt an dem Phänomen. Der relevanteste Punkt scheint mir zu sein, daß Männer, die ihr Verhalten - ihre Männlichkeit - weitgehend an den erklärten Wünschen von Frauen ausrichten, statt an dem was sie selbst für sinnvoll erachten, in eine Begehrensfalle laufen. Heißt nicht, daß man keine Reinlichkeitskompromisse eingehen sollte, wenn man zusammenlebt. Nur daß die Politisierung solcher Dinge genau das Gegenteil von dem bewirkt, was erhofft wird. Weil die politischen Forderungen eben für das Persönliche nicht funktionieren. Und wer sich da vor allem etwas vorzumachen scheint - trotz aller Umfragen, daß Frauen, die weniger putzen, mehr Sex haben - sind zumeist Frauen, die ihr Begehren für kongruent mit ihren politischen Forderungen halten. Schöner als Esther Perel kann man das eigentlich nicht formulieren.

    3. Elisabeth Dietz
      Elisabeth Dietz · vor mehr als 6 Jahre

      @Tobias Schwarz Ob sie das tun – „in eine Begehrensfalle laufen“ – wurde mehrfach wissenschaftlich untersucht. Mit verschiedenen, einander widersprechenden Ergebnissen. Christina Berndt fasst den Stand der Forschung hier ganz gut zusammen: http://www.sueddeutsch.... Auch wenn gesellschaftliche Normen es unter Umständen erschweren, zu einer gerechten, für beide Partner befriedigenden Lösung zu kommen, muss letztendlich jede und jeder für sich entscheiden, wie viel Arbeit er oder sie zu investieren bereit ist. Was meinen Sie mit Politisierung?

    4. Tobias Schwarz
      Tobias Schwarz · vor mehr als 6 Jahre

      @Elisabeth Dietz Das was Antje Schrupp schreibt: "Das Private ist halt doch politisch. Nicht nur, aber grade beim Putzen." Während die in der Studie/dem Artikel betrachteten Paare tendenziell eher clever eben eine Politisierung der Kompromisse/ihres Fehlens bewusst vermieden. Das Persönliche hier zu politisieren führt eben zu dem Problem, dass das Bedürfnis nicht mehr auf den Partner bezogen ist, sondern abstrahiert wird. Es geht nicht mehr um einen Kompromiss für zwei Personen, sondern für zwei Kollektive. Du, Mann, bist offenbar frauenfeindlich, weil Du nicht meinen feministischen Maßstäben folgst. Du, Frau, nervst, nicht weil es Dir zu dreckig ist, sondern weil Du einen politischen Punkt machen willst. Und so wird aus einem Kompromiss für zwei Personen eine politische und ein Begehrensproblem für die Beteiligten. Sie mag politisch gewonnen haben, wenn sie ihn dazu gezwungen hat, zu tun, was sie will. Aber sie hat persönlich vermutlich auch ein wenig Respekt vor ihm verloren, weil er seine Position aufgegeben hat. Er hat seine Ruhe, wenn er sie politisch gewinnen lässt, aber fängt an, sie für ihre politische Position zu verachten. Und so entsteht das Begehrensproblem im Persönlichen.

    5. Elisabeth Dietz
      Elisabeth Dietz · vor mehr als 6 Jahre

      @Tobias Schwarz Ah, danke! Nun muss ich einwenden, dass das Private nicht losgelöst vom Politischen existiert. Er hat sich seine Inkompetenz nicht ausgesucht, sondern ist von seinen wohlmeinenden Eltern auf ein Leben vorbereitet worden, in dem andere für ihn putzen. Sie würde nach Feierabend auch ganz gern die Füße hochlegen, aber sie ist diejenige, die von weiten Teilen der Gesellschaft, in der sie lebt, als für Sauberkeit verantwortlich wahrgenommen wird.

      Ihre Schlussfolgerung verstehe ich gar nicht. Wenn jemand eine Position, die ich dumm und unfair finde, trotz seiner gesellschaftlichen Prägung aufgibt, reagiere ich darauf mit Hochachtung. Und mit jemandem, der die politische (?) Position "Zwei Menschen, die gleich viel arbeiten, um zu gleichen Teilen die Miete für eine Wohnung zu finanzieren, sollten gleich viel dazu beitragen, dass diese Wohnung ein erträglicher Ort bleibt" verachtenswert findet, möchte ich nicht zusammenleben. Sie etwa?

    6. Tobias Schwarz
      Tobias Schwarz · vor mehr als 6 Jahre

      @Elisabeth Dietz Ich habe so ein wenig das Gefühl, daß wir uns hier im Kreis drehen. Natürlich existiert das Private nicht losgelöst von seiner Einbettung in die gesellschaftliche Realität. Aber *das Politische* ist noch etwas anderes. Damit sind eben bestimmte axiomatische Annahmen über die Gründe des Bestehens der *subjektiven Realität* verbunden. *Das Politische* aufs Private zu beziehen, bedeutet damit notwendig, dem Privaten kollektive Interpretationsschemata überzustülpen, die stimmen mögen oder auch nicht. Und es ist ein Riesenunterschied, ob ich für das Zusammenleben mit einer Person Kompromisse schließe - z.B. ihre Standards der Badhygiene als Basis akzeptiere - als zu sagen: weibliche Standards sind a priori gesetzt, diese sind zu jeweils 50% von Frauen und Männern abzuarbeiten. Frauen kontrollieren und verteilen Noten. *Das* ist das Politische in dieser Situation, nicht der Kompromiss und nicht die unterschiedlichen Sozialisierungen. Und *das* ist ein Problem für das Private, auch das Begehren, siehe oben.

    7. Tobias Schwarz
      Tobias Schwarz · vor mehr als 6 Jahre

      @Elisabeth Dietz 2/

      "Ihre Schlussfolgerung verstehe ich gar nicht."

      Das wiederum kann ich durchaus nachvollziehen, das ergibt sich ja auch nicht einfach logisch. Das ist eher eine empirische Beobachtung, daher ja auch die Zitate von Michel Houellebecq und gerade Esther Perel: Menschen - hier Frauen - demonstrieren mitunter tagsüber gegen Dinge, die sie nachts begehren. War ja eine wesentliche Erkenntnis der sog. Sex-Kriege der frühen 80er Jahre. Die nie gewonnen werden konnten. Das ist mittlerweile auch Alice S. aufgefallen (sie meint das übrigens ernst, auch wenn es wie Satire klingt).

      https://www.aliceschwa...

      Natürlich stimme ich Ihrem letzten Satz zu, aber da stecken auch Subjektiven drin, vor allem der "erträglichen Ort" - s.o. - Wer bestimmt das "Erträgliche" und auf welcher Basis? Was es konkret bedeutet, daß jede Beziehungen in soziale Strukturen eingebettet ist, muß ein *individueller* Aushandlungsprozeß bleiben, sonst wird es nie Gleichheit geben können, denn die wird ja vom konkret *Politischen* a priori verneint. Auf englisch habe ich das hier mal länger gefasst.

      https://www.facebook.c...

    8. Tobias Schwarz
      Tobias Schwarz · vor mehr als 6 Jahre

      @Elisabeth Dietz Danke für den Link!

    9. Elisabeth Dietz
      Elisabeth Dietz · vor mehr als 6 Jahre

      @Tobias Schwarz Immer gerne. Meiner Erfahrung nach stehen Männer, die sich in einer Beziehung dauerhaft nicht wie ein gleichberechtigter Partner, sondern wie ein erwachsener Sohn gerieren, irgendwann alleine da – je nach Fähigkeit und Neigung im Loft mit Putzkraft oder auf dem Dachboden der Eltern. Vielleicht bewegen wir uns in sehr unterschiedlichen Kreisen. Vielleicht spielt unser Altersunterschied (der aber gar nicht so groß sein dürfte) eine Rolle. In jedem Fall argumentieren wir beide mit anekdotischer Evidenz, und das ist keine gute Diskussionsgrundlage. Eine letzte Randbemerkung: Menschen, die sich allen Ernstes nicht darauf einigen können, was für sie "erträglich" konstituiert, sollten nicht zusammenleben, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt.

    10. Tobias Schwarz
      Tobias Schwarz · vor mehr als 6 Jahre

      @Elisabeth Dietz "Eine letzte Randbemerkung: Menschen, die sich allen Ernstes nicht darauf einigen können, was für sie "erträglich" konstituiert, sollten nicht zusammenleben, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt."

      Ich nehme an, das erklärt einen signifikanten Teil der Scheidungsrate ;) Aber im Ernst - das ist doch genau das Problem, das auch Antje Schrupp anspricht - es gibt diese unterschiedlichen Bedürfnisse als Phänomen, und die Aushandlung ist eben *nicht* einfach. Und erst recht dann nicht, wenn die eine Seite erklärt, daß entweder a) die Unterschiedlichkeit der Bedürfnisse von Männern nur vorgeschoben sei um weibliche Sozialisierung zur Reinlichkeit auszunutzen oder b) sie zwar existiere, aber eben als Konsequenz unterschiedlicher geschlechtlicher Sozialisierung und damit inhärent problematisch sei. Komischerweise wird dann aber doch immer das weibliche Reinlichkeitsbedürfnis als neutral anzulegender Standard gesehen und mit der Aufforderung an Männer versehen, sich doch endlich zu ändern (für Partner und Geschlechtergerechtigkeit), statt auch einfach mal Frauen nahezulegen, doch mal ihre angeblich nur sozialisierten Standards abzulegen und das Putzen einfach sein zu lassen.

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