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Klima und Wandel

Wie klimafreundlich ist dieses Konjunkturpaket nun tatsächlich?

Alexandra Endres
Journalistin
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Alexandra EndresDienstag, 09.06.2020

Die allermeisten schnellen Reaktionen auf das Konjunkturpaket waren positiv – auch von Klima- und Umweltschützer*innen gab es vorwiegend Wohlwollen und Lob. Auch mich hat das Paket erst einmal positiv überrascht. Nicht etwa, weil damit die deutschen Klimaziele auf einen Schlag erreicht würden. Das zu erwarten, wäre eh illusorisch gewesen. Sondern eher, weil der Klimaschutz an überraschend vielen Stellen des Konjunkturpakets auftaucht und die Bundesregierung sich endlich traut, auch fürs Klima viel Geld auszugeben. Vielleicht brauchte es dafür ja eine riesengroße Wirtschaftskrise (ernüchternder Gedanke).

Wer sich das Paket genauer anschaut, sieht allerdings auch, dass Klimapolitik in ihm sehr stark als Industrie-Förderpolitik verstanden wird, zum Beispiel da, wo es um die deutsche Wasserstoff-Strategie geht (die am Mittwoch offiziell vom Kabinett verabschiedet werden soll). Das ist zunächst einmal nicht verkehrt – schließlich soll ja auch die deutsche energieintensive Industrie, also Stahl oder Chemie, bald im Land klimafreundlich produzieren und möglichst nicht ins Ausland abwandern.

Kritikerinnen wie Petra Pinzler bemängeln allerdings (und auch zu Recht), dass die Senkung der Mehrwertsteuer nun gar nichts für das Klima tut. Die großen Fragen der Transformation würden im Konjunkturpaket nicht angegangen, schreibt Pinzler (hier gepiqt von Daniela Becker).

Wie grün ist das ganze Paket also? Das Öko-Institut hat sich die Mühe gemacht, die einzelnen Maßnahmen auf ihre Klimafreundlichkeit hin zu checken. Was dabei herausgekommen ist, beschreibt Kollege Bernhard Pötter in der taz.

Das Fazit der Fachleute vorweg: Es kommt darauf an, wie das Paket jetzt umgesetzt wird. Dass es aber klimafreundlich umgesetzt wird, wäre wichtig, gerade weil jetzt so viel Geld ausgegeben wird. Einen zweiten Versuch wird es vielleicht nicht geben.

„Vieles ist positiv, aber manche wichtigen Bereiche fehlen“, sagte am Montag bei einer Präsentation Jan Peter Schemmel von der Geschäftsführung des Öko-Instituts. Wie grün, gerecht und zukunftsfähig des Investitionspaket Deutschland mache, „das hängt von der Ausgestaltung ab“.

„Allein die Größe dieses Pakets zeigt, dass es nicht viele andere Schüsse geben wird“, sagte DBU-Chef Alexander Bonde.

Die Fachleute des Öko-Instituts loben die Förderung des ÖPNV und der Gebäudesanierung, die Senkung der Strompreise und die Entscheidung, keine Abwrackprämie für Verbrenner zu zahlen.

Allerdings sagt Schemmel auch, und das ähnelt Pinzlers Kritik:

Viele der Maßnahmen, um die Konjunktur anzukurbeln, hätten (...) aus ökologischer Sicht „keine Lenkungwirkung“. Auch könne ein gesteigerter Konsum zu mehr oder weniger Umweltbelastung führen – je nachdem, ob die Reise ins Bio-Hotel um die Ecke oder per Flugzeug in die Welt gehe. Eine „Verstetigung des Status quo“ könne aber Klimaschutz schwieriger machen.

Es gebe aber Punkte, an denen man ansetzen könne, um das Paket zu verbessern. Eine Möglichkeit könnte beispielsweise sein, pflanzliche Lebensmittel mit einem niedrigeren Mehrwertsteuersatz zu belasten als Fleisch. Bisher ist es umgekehrt: Für Kalbsschnitzel zahlen Verbraucher*innen den reduzierten Mehrwertsteuersatz, für Veggie-Schnitzel aber den vollen. Warum soll man also nicht die vorübergehende Mehrwertsteuersenkung jetzt dafür nutzen, das ganze Mehrwertsteuersystem klimafreundlich auszurichten?

Außerdem wünscht sich das Öko-Institut stärkere Anreize, um auf den ÖPNV zu wechseln, wirklich ehrgeizige Programme zur Gebäudesanierung – und die Streichung von klimaschädlichen Subventionen.

Den Experten des Institus fehlen also Weichenstellungen, die das Land unter den veränderten Bedingungen zu mehr Nachhaltigkeit bringen.

So fasst Pötter die Ergebnisse zusammen und er ordnet das Ganze auch gleich global ein – klar, die Klimakrise ist ja auch global. Er schreibt:

Auch im großen Maßstab ist die Gefahr groß, mit Konjunkturhilfen Ökoschäden anzurichten: Weltweit fließen durch die Hilfsprogramme Tausende von Milliarden Dollars in die Zerstörung der Umwelt, findet eine aktuelle Studie des britischen Thinktanks „Vivid­Economics“.

PS: Ein Bündnis aus Sozial-, Gesundheits-, Umwelt- und Entwicklungsverbänden hat übrigens gerade Verbesserungen im Konjunkturpaket gefordert. Zum Beispiel sollen Wirtschaftshilfen nur an Unternehmen gezahlt werden, die sich zur Klimaneutralität bis 2050 verpflichten. Bezieher*innen von Grundsicherungsleistungen sollen stärker unterstützt werden. Die Mehrwertsteuersenkung sehen auch die Verbände kritisch.

Wie klimafreundlich ist dieses Konjunkturpaket nun tatsächlich?

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Kommentare 7
  1. Dominik Lenné
    Dominik Lenné · vor fast 4 Jahre

    Die Klimawirkung von Fleisch könnte auch über Emissionszertifikate berücksichtigt werden. Klingt jetzt etwas verschroben. Wäre aber ein Schritt weiter zu einer echten "Cap" von Cap & Trade, statt nur einer halben Kappe. Wie auch immer, nur so ein Gedanke.

    1. Alexandra Endres
      Alexandra Endres · vor fast 4 Jahre

      Klingt konsequent. Kann man das im Einzelfall gut messen / berechnen?

    2. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor fast 4 Jahre

      Landwirtschaft insgesamt einbeziehen wäre sinnvoll, oder nicht?

    3. Alexandra Endres
      Alexandra Endres · vor fast 4 Jahre

      @Daniela Becker Dagegen hab ich keine Einwände. Meine Frage ist rein technisch gemeint – ich weiß einfach nicht, wie gut man die Emissionen z.B. von Tieren je nach Futter, Haltung etc. berechnen kann. Womöglich ist es gar kein Problem.

    4. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor fast 4 Jahre

      @Alexandra Endres Ich hatte das als Reaktion auf "Klimawirkung von Fleisch" gemeint. Landwirtschaft hat ja über die Fleischproduktion hinaus ein großes Klimaproblem.

    5. Dominik Lenné
      Dominik Lenné · vor fast 4 Jahre · bearbeitet vor fast 4 Jahre

      Das Cap&Trade ist mein persönlicher Liebling, weil wirksam, wenn entschieden eingesetzt und erlaubt keine Ausflüchte: der Emissionspfad ist für alle offen sichtbar und somit auch gesellschaftlich diskutierbar. Das ist für keine andere Variante so der Fall. Dafür sind die Zertifikatpreise und daraus folgenden wirtschaftlichen Druck- und Zugverhältnisse im Vorhinein weniger deutlich als bei den konkurrierenden Ansätzen Steuer und Regulierung.
      Dementsprechend bin ich auch für die komplette Inklusion aller Wirtschaftsbereiche. Es gibt jedoch praktische und politische Schwierigkeiten, die je nach Interessenlage mehr oder weniger aufgeblasen werden:
      Wieviel Emission will ich einem Kilo Rindfleisch zuordnen, einem Kilo Weizen, einem Kilo Tomaten? Bei Kraftstoffen ist die Sache einfach, da die Emissionen eines Kilos Benzin immer gleich sind. Ich bin dort noch nicht eingestiegen und kann nicht sagen, welche Unterschiede es gibt zwischen verschiedenen Methoden der Rinderzucht. Ich schätze aber, dass man hier um eine ziemliche Pauschalisierung nicht herumkommt. Das gäbe zwar Ungerechtigkeiten im Einzelnen, die könnten jedoch möglicherweise toleriert werden, um den Effekt im Großen zu erreichen.
      Es scheint mir kaum durchführbar, wie in der Industrie eine einzelbetriebsbasierte Emissionsrechnung zu verlangen. Aber das muss nicht unbedingt so bleiben - wozu haben wir die IT, KI und so weiter? Mit einer überschaubaren Anzahl von Eckdaten könnte eine standardisierte Software die Emissionen schon ausbaldowern. Man muss es allerdings wollen. Ein gefundenes Fressen für Know-How-Fetischisten wäre das. Nur übermorgen wird es nicht stehen.
      Eine mittelprächtige Lösung, die schnell kommt, ist besser als eine perfekte, die in 20 Jahren kommt.
      Politisch ist das, schätze ich, ein Minenfeld: In der Landwirtschaft wackelt seit 50 Jahren der Schwanz mit dem Hund, d.h. relativ wenige Agrarwirtschaftsvertreter nehmen die Politik zur Geisel und setzen eigentümliche Regelungen durch. Dazu kommen noch die Unterschiede zwischen den Nationen: die mehr Agrarischen werden sicher blockieren und verzögern bis der Arzt kommt - eine diplomatische Mammutaufgabe.
      Ich bin hier skeptisch, aber natürlich ist es gut, hier zu reden, zu recherchieren und zu schreiben, um dem gesellschaftlichen Denkprozess auf die Sprünge zu helfen!

    6. Alexandra Endres
      Alexandra Endres · vor fast 4 Jahre

      @Dominik Lenné Danke für die ausführliche Antwort! :-)

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