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Klima und Wandel

Mediales Versagen am Beispiel Dannenröder Forst

Daniela Becker
Autorin

"Wie kann die Klimakrise gelöst werden?" ist die Frage, die mich am meisten beschäftigt. Ich bin Mitglied von RiffReporter, einem Autorenkollektiv und einer Genossenschaft für freien Journalismus.

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Daniela BeckerSamstag, 03.10.2020

Ich habe mich schon öfter dazu geäußert, dass ich der Ansicht bin, dass deutscher Journalismus bislang keine adäquate Antwort darauf hat, wie mit der Klimakrise umzugehen ist. Ein gutes Beispiel dafür ist aus meiner Sicht die Berichterstattung zum Dannenröder Forst.

Im Dannenröder Forst besetzen Klima- und Naturschutzaktivisten seit etwa einem Jahr ein Waldstück, das für einen Autobahn-Ausbau zwischen Kassel und Gießen gerodet und asphaltiert werden soll. Medial wurde das lange kaum beachtet, außer in einigen hessischen Lokalmedien. Nun haben die Rodungen tatsächlich begonnen. Polizisten räumen die Aktivisten. Es gibt Videomitschnitte, die unverhältnismäßigen Gewalteinsatz der Beamten zeigen. Begleitende Presse hat mitgeteilt, dass sie zum Teil bei der Berichterstattung behindert wird.

Seit die Räumung begonnen hat, findet sich die übliche Berichterstattung. Bei Spiegel Online finden sich zwei Texte in der Rubrik „Panorama“, die über den Konflikt zwischen den „Waldbesetzern“ und der Polizei, die nun räumen muss berichtet. Bei Zeit Online eine Fotostrecke.

Wie kann das sein?

Im Dannenröder Forst wird ein Konflikt ausgetragen, der eigentlich das ganze Land angeht – und sich an vielen Stellen wiederholen wird.

Zum einen stellen die Aktivisten die berechtigte Frage, ob der Neubau von Straßen im Angesicht der Klimakrise überhaupt gestattet werden dürfte. Tatsache ist: Der Verkehrssektor ist eine, vielleicht sogar die größte, Herausforderung der deutschen Klimapolitik. Die für den Verkehr genutzte Bodenfläche nimmt stetig zu, Autoverkehr ist maßgeblich für die Luft- und Lärmverschmutzung verantwortlich. Vor allem aber ist es nicht gelungen, die Treibhausgasemissionen im PKW-Verkehr wie geplant zu senken.

Zum anderen legt die Rodung einmal mehr einen politischen Konflikt offen, der sich ohne Zweifel verschärfen wird. Hessen wird im Moment von einer schwarz-grünen Koalition regiert, was die Grünen in erheblichen Rechtfertigungszwang bringt: Eigentlich unterstützen sie als selbsternannte Klima- und Naturschützer den Erhalt des Waldes, aber hier sehe sich die Partei gezwungen, sich an geltendes Recht zu halten. Der Landesregierung seien die Hände gebunden, die Bundespolitik verantwortlich.

Wo sind die analysierenden Texte dazu? Texte, die berechtigte Fragen aufwerfen? Texte, die dieses und ähnliche Vorhaben in den Gesamtzusammenhang der deutschen Klimapolitik stellen? Es gäbe so viel zu fragen, sowohl für Wirtschafts-, Politik- als auch für Umweltjournalisten.

Zum Beispiel:

  • Wofür wird dieses Autobahnstück gebraucht?
  • Wie passt der Bau in die Klima- und Naturschutzstrategie Hessens?
  • Wie wird sichergestellt, dass mit dem Bau nicht mehr Treibhausgase als bisher emittiert werden?
  • Lässt sich der Verlust dieses natürlich gewachsenen Lebensraum ersetzen? Wie? Wie sieht hierbei eine ehrliche Wirtschaftlichkeitsberechnung aus, die Natur- und Klimaschäden mit einbezieht?
  • Wieso gibt es keine rechtliche Handhabe, die verhindert, dass in Deutschland, das ziemlich sicher seine Klimaziele im Verkehrssektor reißt, für ein neues Autobahnstück völlig intakter Wald gerodet wird, während anderswo Wälder wegen Dürre dahinsiechen?
  • Welche Gesetze, welche Regeln fehlen?
  • Was bedeutet dieses Projekt für die politische Zukunft der Grünen?
  • Wie können lange geplante Projekte wie dieser Autobahnbau auf die heutigen Erkenntnisse zum Stand der Klimakrise angepasst werden?

Die einzige überregionale Zeitung, die wenigstens die Proteste kontinuierlich begleitet, ist die taz. Deswegen sei hier ein Text von der taz gepiqt.

P.S. Der einzige Text, den ich gefunden habe, der einordnende Fakten zu diesem Projekt einfordert, ist groteskerweise der eines Klimaaktivisten (Link hier). Publiziert im Zuge der von vielen Journalisten gescholtenen einmaligen taz-Übernahme durch Klimaaktivisten (zur Diskussion auf piqd darüber, hier).

P.P.S. Wer sehen will, wie es aussieht, wenn ein etwa 200 Jahre alter Baum für eine Autobahn gefällt wird, hier entlang.)

Mediales Versagen am Beispiel Dannenröder Forst

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Kommentare 20
  1. Du Irrelevant
    Du Irrelevant · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

    Danke, wichtiger Piq! Es ist interessant zu sehen, wie solch ein Thema die Menschen spaltet, obwohl es im Interesse der Meisten sein sollte, dass der Wald erhalten bleibt!
    Manche Autowahn-Befürworter meinen auch sie könnten Waldschützer dadurch diskreditieren, dass sie ihnen vorwerfen mit dem Auto zu den Protesten zu kommen bzw. überhaupt Autos zu benutzen, was inkonsequent sei. Ich glaube es zeigt eher wie komplex unsere heutige Welt ist und daß es nicht leicht ist konsequent zu sein!
    PS: Ist es konsequent eine/diese Waldrodung zu befürworten, wenn man Kinder (oder gar Enkel) hat?

    1. Christine Köhler
      Christine Köhler · vor mehr als 3 Jahre

      Frau Becker geht es doch vor allem auch darum, dass die ,,Spaltung'' der Gesellschaft nicht durch die ,,vierte Gewalt", die Medien, überwunden wird oder wenigstens versuchsweise abgebildet wird. Am Beispiel ,,Danni". Die (vermeintliche) ,,Komplexität" der ganzen Angelegenheit wird gar nicht erst abgebildet in den Medien! Man muss mit der Lupe suchen! Man findet nur die Postitionen der Abholzungs-Befürworter bzw. der Hessen-Grünen!

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