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Klima und Wandel

Klimawandel und Migration: NYTimes lässt sich Szenarien modellieren und setzt so (wieder) Maßstäbe

Katharina BrunnerSonntag, 26.07.2020

Es sind drei kurze Sätze und eine noch kürzere Frage, mit denen die New York Times klar macht, warum wir den Artikel lesen sollen. Sie gehen folgendermaßen:

"Today, 1% of the world is a barely livable hot zone."

"By 2070, that portion could go up to 19%."

"Billions of people call this land home."

"Where will they go?"

Eine definitive Antwort kennt natürlich niemand, aber Modellrechnungen können trotzdem verschiedene Zukünfte skizzieren, wie der Klimawandel - und die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen - auf Migration wirkt. Doch: Ein solches Modell existierte nicht, also haben sich die New York Times, Propublica und das Pulitzer Center zusammengetan und einen Wissenschaftler dafür bezahlt, fünf Szenarien durchzuspielen:

The model shows that the political responses to both climate change and migration can lead to drastically different futures. 

Die NYTimes und Propublica setzt damit mal wieder Maßstäbe im datengetriebenen Journalismus. Aus drei Gründen:

  • 1) Sie erkennen an, dass Modellrechnungen, also Ansichten auf die Zukunft, eine Basis für Entscheidungen sein können. Doch dieses ökonometrische Modellieren, bei dem sozioökonomische mit klimatischen Aspekten verbunden werden, ist schwierig. Ich behaupte: Keine Redaktion dieser Welt kann das leisten, also gibt man diese Aufgabe nach außen ab. Gleichzeitig basieren die Makro-Ansichten in dem Text nicht nur auf diesem einen (exklusiven!) Modell, sondern baut auch auf anderen anerkannten, wissenschaftlichen Erkenntnissen auf.
  • 2) Der Text zeigt keine Angst vor komplexen Sachverhalten. Modelle basieren nun mal auf Annahmen und Daten und tragen jede Menge Unsicherheiten mit sich rum. Das interessante Ergebnis ist also nicht unbedingt eine Zahl mit Nachkommastelle, sondern die Richtung und ungefähre Größenordnung. Das wird transparent gemacht, und zwar nicht in einem extra Text, den niemand klickt, sondern im Haupttext:

In all, we fed more than 10 billion data points into our model. Then we tested the relationships in the model retroactively, checking where historical cause and effect could be empirically supported, to see if the model’s projections about the past matches what really happened. Once the model was built and layered with both approaches — econometric and gravity — we looked at how people moved as global carbon concentrations increased in five different scenarios, which imagine various combinations of growth, trade and border control, among other factors. (These scenarios have become standard among climate scientists and economists in modeling different pathways of global socioeconomic development.)

  • 3) Die Kraft der Geschichte kommt aus dem gekonnten Verweben dreier journalistischer Herangehensweisen: der dramatischen Einzelschicksale, beeindruckender Fotos und eben akademischer Erkenntnisse. In der Wissenschaft würde man das wohl mixed methods nennen.

Und was kommt aus? Eine der wichtigsten Erkenntnisse:

For all the ways in which human migration is hard to predict, one trend is clear: Around the world, as people run short of food and abandon farms, they gravitate toward cities, which quickly grow overcrowded.

Das Paper zur Methodik


Klimawandel und Migration: NYTimes lässt sich Szenarien modellieren und setzt so (wieder) Maßstäbe

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Kommentare 2
  1. Dominik Lenné
    Dominik Lenné · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

    Wow, das ist harter Stoff. Dem logisch denkenden Menschen nicht neu, denn die groben Verhältnisse lassen sich schon seit Längerem mit drei Fingern selbst ausrechnen, aber mit all den Details noch einmal frappierend und aufrüttelnd.

    Ich sehe hier etwas übertriebenes Vertrauen in die numerischen Modelle - man darf nicht vergessen, dass die vielen notwendigen Vereinfachungen die Ergebnisse im Detail zweifelhaft werden lassen.

    Der Text ist sehr stark mittelamerikazentriert, was leicht erklärbar ist. Das Gewaltproblem in Mittelamerika ist eine regionale Besonderheit, die auch mit einem ganz anderen Problem zusammenhängt, der Drogenfrage, und der spezifischen lokalen Variante von Machismo.

    Was können wir tun? Einerseits natürlich einen massiven Emissionssenkungspfad einschlagen, das versteht sich beinahe von selbst. Eine weitere Möglichkeit ist, mehr Familienplanung zu finanzieren, z.B. über die UNFPA, die meine Wenigkeit zu ihren Spendern zählt. Damit wird perspektivisch die Beziehung zwischen Verarmung, Unterentwicklung und hoher Geburtenrate verbessert. Mehr als 200 Mio. Frauen haben keinen befriedigenden Zugang zu Familienplanung (= Beratung, Unterstützung und Verhütungsmittel).

    Andere positive Ansätze gehen in Richtung Wassermanagement. So gibt es in Saudi-Arabien Projekte, in denen Ausgänge von Wadi-Tälern, die lange Zeit Wüste waren, durch den Bau von vielen kleinen Dämmen begrünt und in Grenzen landwirtschaftlich nutzbar gemacht werden konnten. https://en.wikipedia.o...

    So gibt es viele kleine Punkte, an denen man ansetzen kann.

    1. Katharina Brunner
      Katharina Brunner · vor mehr als 3 Jahre

      Ja, du hast recht, die Berechnungen beziehen sich auf Mittelamerika aus Gründen der geografischen Nähe und weil ja allein der Fokus darauf schon ein komplexes Modell ergibt. Was du als "übertriebenes Vertrauen in numerische Modelle" bezeichnest, sehe ich etwas anderes. Zum einen gibt es mal eine Größenordnungen an möglichen Veränderungen an, nicht nur ein allgemeinen "oh, es wird schlimm/viele menschen" und dass je nach politischen Entscheidungen es zu unterschiedlichen Szenarien kommen kann... Also um Grunde das, was du dann beschreibst: Dass unterschiedlichste Ansätze möglich wären.

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