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Würdest Du bitte endlich still sein, bitte ...

Christian Gesellmann
Autor und Reporter

Geboren 1984 in Zwickau, Studium der Politikwissenschaft, Geschichte und Germanistik in Jena und Perugia. Volontariat bei der Tageszeitung Freie Presse, anschließend zweieinhalb Jahre als Redakteur in Zwickau. Lebt als freier Autor in Leipzig und Bukarest. Quoten-Ossi bei Krautreporter.

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Christian GesellmannSonntag, 21.08.2022

Etwa 65 Prozent der Bevölkerung Europas wird tagtäglich von einem Lärmlevel belästigt, der laut Weltgesundheitsorganisation gesundheitsschädlich ist. Während gerade die nächste Straßenbahn durch mein angekipptes Fenster quietscht, die Bundesstraße rauscht, die Kirchenglocken außerplanmäßig dongen, die Berufsschüler mit ihren Hormonen vor dem Netto stehen und des Flaschensammlers wunderliches Lastenrad übers Kopfsteinpflaster klirrt, frage ich mich, ob die WHO auch mich gemeint hat. Ich denke mal schon. Bist du auch einer der 450 Millionen Lärmbelästigten? Sehr wahrscheinlich. Ist das ein Problem? Big Time! Warum, erklären die beiden Verhaltensforscher Justin Zorn and Leigh Marz in ihrem Buch "Ruhe. Wie wir den Lärm der Welt bewältigen und in der Stille Klarheit finden." Wenn ich ganz ehrlich bin, bereitet mir der Selbstoptimierungsopfersprech der deutschen Übersetzung des Buchtitels mehr Belästigungsgefühle als alles erwähnte quietschen, rauschen, dongen und klirren zusammen, ich kann dennoch diesen Auszug aus dem Buch wärmstens empfehlen, den Vox veröffentlicht hat, aus zwei Gründen: 

Ich kann mich, erstens, nicht erinnern, schon mal so belast- und nachvollziehbar quantifiziert gesehen zu haben, was es heißt, dass die Welt angeblich immer lauter wird. Wie etwa hier am Beispiel Feuerwehrsirenen erklärt:

The composer and environmentalist R. Murray Schafer found that a fire engine siren in 1912 reached up to 96 decibels from a distance of 11 feet, while by 1974 siren sounds hit 114 decibels at the same distance. The journalist Bianca Bosker reported in 2019 that modern fire engine sirens are louder still — 123 decibels at 10 feet. This might not sound like much of an increase, but consider this: Decibels are on a logarithmic scale, so 90 decibels is actually 10 times the sound pressure as 80 decibels, registering as roughly twice as loud to our ears.

Zweitens definieren Zorn und Marz sehr gut, was Lärm eigentlich ist, bevor sie dessen Gesundheitsschädlichkeit im letzten Abschnitt erklären (Spoiler: führt u.a. zu Angstzuständen und Depression). Der Anstieg des akustisch wahrnehmbaren Lärms (acoustic noise), das quietschen, rauschen, dongen und klirren quasi, ist nur eine von mehreren Arten der zunehmenden Lärmbelästigung. Denn die Geräusche, die durch mein angekipptes Fenster eindringen, sind es momentan eher nicht, die mich davon abhalten, diesen Text hier endlich fertig zu schreiben, an dem ich schon seit drei Tagen tippe, es sind eher die Emails, die SMS, die telegram-, WhatsApp- und Instagram-Nachrichten, der Twitterfeed, die Insta-Stories usw., der sogenannte informational noise. Dazu kommen die abschweifenden Gedanken an den ganzen anderen Kram, den ich noch zu erledigen habe, der Blick auf die Uhr, der wartende See, das kurze was mache ich eigentlich hier - der sogenannte internal noise. Die drei Arten des Lärms haben eine Gemeinsamkeit:

We don’t use the word “noise” lightly. There’s a common element to the three kinds of noise in our auditory soundscapes, in the informational realms, and in our own heads that makes them distinct from what we might call sound, data, or thought more generally. Noise, in two words, is “unwanted distraction.”

Jedenfalls weiß ich jetzt, warum sich mein Lärmproblem nicht dadurch löst, das Fenster zu schließen. 

Decades before the words “attention economy” entered the popular lexicon, a Swiss contemplative named Max Picard was thinking about a question: Why don’t we seriously weigh the costs and benefits of all the noise we generate? “Silence,” Picard wrote, “is the only phenomenon today that is ‘useless.’ It does not fit into the world of profit and utility; it simply is. It seems to have no other purpose; it cannot be exploited.”

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