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Kopf und Körper

Darf man manchen Menschen medizinische Behandlung vorenthalten?

Silke Jäger
Freie Medizinjournalistin

Ich lebe in Marburg und schreibe über Gesundheit und Gesundheitspolitik.

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Silke JägerMontag, 28.11.2016

Wir haben ein ethisches Problem im Gesundheitswesen. Eines, mit dem sich viele Entscheider schon lange beschäftigen, aber für das es wahrscheinlich keine gute Lösung gibt.

Das ethische Problem geht so: Jeder Mensch hat Anspruch auf angemessene medizinische Behandlung – egal was sie kostet –, während dafür gleichzeitig nur ein begrenztes Budget zur Verfügung steht. Das Narrativ heißt: Das Geld reicht derzeit nicht, um für alle die bestmögliche Medizin zu finanzieren. Wo werden also Grenzen gezogen? Was wird bezahlt, was nicht?

Dieses ethische Problem muss auf politischer Ebene bearbeitet werden. Lange Zeit waren medizinische Kriterien die ausschlaggebenden, während die Preisgestaltung der Pharmaindustrie oblag. Doch etliche Gesundheitsreformen später naht die Stunde der Wahrheit: Schon längst wird im Gesundheitswesen priorisiert und so langsam kann man an dieser Tatsache nicht mehr vorbeisehen. Täglich entscheiden eher Krankenkassen als Mediziner, welche Therapien verabreicht werden können und welche nicht. Täglich wird darum gerungen, Spitzenmedizin für alle anzubieten. Und täglich geht das schief. Das zeigt sich in zahlreichen Einzelschicksalen, wie jenem, das in der aktuellen taz Wochenendausgabe vorgestellt wird (kostenpflichtiger Beitrag, sehr lesenswert).

Dieses ethische Problem kann allerdings nicht bearbeitet werden, indem man sich auf Einzelschicksale beschränkt. Es ist nötig, die Perspektive zu weiten und auf eine gesellschaftliche Ebene zu heben – zu der auch die ökonomische gehört. Die Debatte ist mehr als unangenehm, denn man wird an einen Punkt kommen, an dem man aussprechen muss, dass das Wohl von Vielen mit dem Wohl des Einzelnen abgewogen werden müsste – wenn das solidarisch finanzierte System in der vertrauten Form erhalten bleiben soll.

Das Problem wird zurzeit tabuisiert. Die taz legt es hier in zwei zusammenhängenden Texten offen und trägt damit dazu bei, dass wir uns der schwierigen Debatte stellen. Ärzte und Patienten sind schon zu lange damit allein.

Darf man manchen Menschen medizinische Behandlung vorenthalten?

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Kommentare 3
  1. Kent Gürel
    Kent Gürel · vor mehr als 7 Jahre

    Als Arzt stelle ich immer wieder fest, wie sehr Ärzte UND Patienten dem ökonomischen Druck, der aus der sich weiter öffnenden Schere zwischen dem, was die Politik an Rahmenbedingungen vorgibt (was also in gesellschaftlichem Konsens bezahlt werden kann und soll) und dem, was die moderene Medizin anbietet und der Patient einfordert, ausgeliefert sind. Solange wir als Gesellschaft keine Antwort auf die Frage "Wieviel Medizin können und wollen wir uns leisten?" finden, werden diese Reibungsflächen auch nicht verschwinden. Die Politiker fassen das Thema nicht gerne an, weil sie mit der Rationierung von medizinischen Leistungen unpopulär werden; der Patient stellt sich die Frage nicht, weil er selbstverständlich für sich die maximal verfügbare Therapie einfordert. Bleiben die Ärzte, die zwischen Ökonomie und Ethik auf einem dünnen Drahtseil balancieren und die Entscheidung über Ausweitung oder Begrenzung von Therapie ohne Unterstützung treffen sollen. Die Antwort auf diese Frage gehört aber nicht in die Hände einer einzelnen Berufsgruppe, sondern in die Mitte der Gesellschaft und in großer Breite diskutiert.

    1. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor mehr als 7 Jahre

      Danke für Ihren Kommentar. Ich stimme Ihnen in allem was Sie sagen voll zu. Mein Eindruck aus einigen Gesprächen mit Ärzten, sowohl niedergelassenen als auch angestellten, ist, dass eine recht große Verzweiflung darüber herrscht, dass jeden Tag komplizierte ethische Fragen auftauchen, ohne dass es dazu eine Richtschnur gäbe, an der entlang man Entscheidungen treffen und auch begründen könnte. Stattdessen gehen Ärzte entweder als Patientenanwälte in zermürbende Auseinandersetzungen mit Kassen oder kapitulieren vor dem Dschungel an sich widersprechenden Regelungen, die am Ende wahrscheinlich eine Kostensparung für die Kassen bringen.

    2. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor mehr als 7 Jahre

      @Silke Jäger Ich verstehe noch nicht so ganz, warum die Ärzteverbände darauf so wenig aufmerksam machen. Der Ethikrat hat das Problem ja schon 2011 öffentlich gemacht: http://www.ethikrat.or...
      Daraus: "Der Ethikrat hält es für dringend erforderlich, Priorisierung, Rationalisierung und Rationierung im Gesundheitswesen offen zu thematisieren. Jede Form einer „verdeckten Rationierung“ medizinischer Leistungen ist abzulehnen. Notwendige Rationierungsentscheidungen dürfen nicht an den einzelnen Arzt oder die einzelne Pflegekraft delegiert werden. Dabei bedeutet das Sicheinlassen auf das Problem der Verteilung knapper Ressourcen im Gesundheitswesen keine Festlegung auf eine „Ökonomisierung“ von Entscheidungen. Eine sachliche Debatte erfordert vielmehr die Einbeziehung medizinischer, ökonomischer, ethischer und juristischer Expertise in ein transparentes Verfahren. Letztlich sind Entscheidungen über den Umfang solidarisch finanzierter Leistungen ethische Entscheidungen, die im gesellschaftlichen Diskurs und auf politischem Wege getroffen werden müssen."

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