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Fundstücke

Kulturpolitisches Zukunfts-Programm zur Rettung des Kinos

Michael Hirsch
Philosoph und Politikwissenschaftler, freier Autor und Dozent
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Michael HirschDienstag, 01.12.2020

In diesen in mehrfacher Hinsicht langen dunklen Tagen gibt es eine große Sehnsucht nach Filmen. Die Kinos aber sind geschlossen. Dieses interessante Interview hat Lars Henrik Gass, der Leiter der Oberhausener Kurzfilmtage, vor kurzem mit der Wochenzeitung Jungle World geführt. Gass' Thesen zur Lage des Kinos in der Pandemie bestechen nicht nur durch die Ausführlichkeit der Ausführungen und die Sorgfältigkeit der Argumentation. Sie stellen die aktuelle Krise des Kinos in einen großen kultur- und mediengeschichtlichen Zusammenhang und formulieren eine allgemeine provokative These. Der Satz aus dem Titel des Beitrags, "Das kommerzielle Kino hat keine Zukunft", ist nicht resignativ als Kulturuntergangsslogan gemeint. Vielmehr geht es Gass um die Rettung der kulturellen Praxis Kino als öffentliche Institution, und die Herauslösung aus einer kommerziellen privatwirtschaftlichen Logik, die dem Untergang geweiht ist.

Ausgehend von dem spektakulären aktuellen Fall der Kündigung des Filmclubs 813, des avanciertesten Programmkinos in Köln durch seinen Hauptmieter, den Kölnischen Kunstverein (immerhin eine öffentlich geförderte Institution!), entwickelt Gass einige bemerkenswerte Gedanken zur brisanten kulturpolitischen Frage, welche kulturellen Institutionen Kommunen, Länder und Staat in Zukunft in welchem Umfang fördern sollen. 

"Dabei befindet sich die Auswertungskurve des Kinos nicht erst seit Beginn der Coronapandemie im freien Fall, sondern spätestens seit dem Aufkommen des Internets und der Streaming-Dienste. Kurz gesagt: Ich denke, es braucht ein Zukunftsprogramm für das Kino, das nicht nur das klassische Paradigma des Kinos fortschreibt, sondern eine (...) geregelte Musealisierung des Kinos einleitet, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es sich längst in einem Prozess der Musealisierung befindet." 

Gass' Thesen sind deswegen brisant, weil sie mutig und offen in einen Verteilungskonflikt eingreifen, der latent nicht erst seit der pandemiebedingten Rezession schwelt. Er beklagt, dass eine Stadt wie Köln zum Beispiel jährlich alleine für den Kunstverein 150.00 Euro zur Verfügung stellt, während für den Bereich Film insgesamt nur ein Projektmittelzuschuss für den Filmclub 813 in Höhe von 15.000 Euro existiert.

Historisch interessant sind Gass' Ausführungen, wenn er den Vergleich zu anderen Kulturinstitutionen wie der Oper erläutert. Das Kino in der bürgerlichen Gesellschaft wurde immer zugleich als Filmkunst und als Unterhaltung und Kommerz angesehen. Die stark gewerbliche Ausformung des Kinos hat historisch dazu geführt, dass

"für das Kino niemals ein Raum entstanden ist, wie man ihn für einen Opernbau als ganz selbstverständlich erachtet. Dabei ist auch die Oper erst spät in die bürgerliche Kultur - eigentlich erst mit Wagner und seinem Festspielgedanken - als ein Raum eingedrungen, der sozusagen unter öffentliche Obhut gestellt werden musste. Das ist für das Kino niemals passiert. Das Ergebnis ist, dass die Kinos massenhaft verschwunden sind - auch die interessanten Kinobauten - oder, wie etwa der Mendelsohn-Bau der Schaubühne in Berlin, anderen Zwecken, wie in diesem Fall dem Theater, zugeführt wurden."

Dieser Gedanken ist wegen der zukünftig nicht nur wegen der Rezession, sondern auch wegen im Rahmen unzähliger Sanierungs- und Neubauprojekte für Theater, Konzert- und Opernhäuser ins Haus stehenden Verteilungskämpfen von großer Bedeutung. Denn entgegen der Behauptung der Filmförderer, die Coronakrise sei nicht die Zeit, über die Zukunft des Kinos nachzudenken, ist zu fragen: Wann, wenn nicht jetzt?

"Kurz gesagt: Für mich ist Musealisierung kein Angstszenario, sondern der Auftrag. In ganz Deutschland gibt es gerade einmal fünf Filmmuseen (...), dagegen in jeder Stadt ein Theater, finanziert mit teils immensen Beiträgen. Das ist gut und richtig, aber man muss sich auch fragen, ob wir uns nicht langsam mal um die Bewahrung unserer Mediengeschichte kümmern sollten.

Wenn sich die Stadt Hamburg eine Elbphilharmonie für über 800 Millionen Euro leisten kann, darf ich doch einmal ausrechnen, dass sich allein mit dieser Summe jede Großstadt in Deutschland eine Kinemathek leisten könnte. Das ist kein Aufrechnen der Künste gegeneinander, sondern eine legitime Frage an Kulturpolitik nach ihren Prioritäten."

Kulturpolitisches Zukunfts-Programm zur Rettung des Kinos

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