„Belgiens Ostkantone“ ist ein Terminus, der in Deutschland nur wenigen geläufig sein dürfte. Er hat mit der konflikthaften jüngeren Geschichte zwischen Belgien und Deutschland zu tun. Die belgischen Ostkantone sind die Gebiete im Osten Belgiens, die überwiegend deutschsprachig sind. Von 1815 bis 1920 waren sie preußisch. Als Entschädigung für die Zerstörungen und Gräueltaten, die die deutsch-kaiserliche Armee im eigentlich neutralen Belgien zwischen 1914 und 1918 zu verantworten hatte, kamen die Ostkantone 1920 zu Belgien. Nach dem erneuten deutschen Überfall auf Belgien 1939 wurden diese Gebiete von den Nazis annektiert. Dementsprechend wurden die EinwohnerInnen dieser Gebiete als Deutsche behandelt und Männer im wehrfähigen Alter zur Wehrmacht eingezogen. Laut dem hier empfohlenen Artikel geschah das in der Regel gegen den Willen der Betroffenen.

In dem Artikel von Tim Trachet im deutschsprachigen belgischen Nachrichtenportal Flanderninfo geht es um die Schicksale vieler dieser Zwangsrekrutierten. Durch Zufall wurden 2021 über 5.000 Akten aus der Kriegs- und frühen Nachkriegszeit wiederentdeckt, die Einblick in Schicksale aus jener Zeit geben und die etwas über das Verhältnis zwischen Deutschland und Belgien erzählen. Während in Deutschland wohl nur noch die in Belgien arbeitenden deutschen Diplomaten um diese Geschichte wissen, ist sie in Belgien nach wie vor präsent in der Öffentlichkeit, wie dieser Artikel beispielhaft zeigt. Die Konflikte sind zwar Geschichte, aber nicht vergessen. Deshalb denke ich, dass es auch auf deutscher Seite gut wäre, diese Geschichte zur Kenntnis zu nehmen – als Mahnung.