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Feminismen

Training für den Genozid: Russlands und Tschetscheniens Foltermorde an schwulen Männern

Daniel Schreiber
Autor und Journalist
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Daniel SchreiberDonnerstag, 27.04.2017

Gestern erreichte mich die Email der Redakteurin einer obskuren Lifestyle-Website aus Baden-Baden, die nur einmal unschuldig fragen wollte, ob diese ganze Sache mit den Schwulen in Tschetschenien nicht Fake News sei und zum Beweis einen Link mit einem Artikel aus Putins Propagandaportal „Russia Today" mitschickte, der genau das behauptete. Ich hätte die Absenderin gerne gefragt, ob sie zu den tausenden Deutschen gehört, die von Russland für genau solche Emails und Blogkommentare bezahlt werden. Die Verbreitung neuer Wahrheiten ist bekanntlich nur das vordergründige Ziel von Fake News, das eigentliche Ziel ist, dafür zu sorgen, dass irgendwann niemand mehr weiß, was wahr oder falsch ist. Deswegen an dieser Stelle eine kleine Presserundschau mit Beiträgen, die darüber berichten, was tatsächlich in Tschetschenien passiert: Die UNO, die Vereinigten Staaten und Großbritannien haben die Morde offiziell verurteilt. Die New York Times hat mit Überlebenden gesprochen und ihren Reporter außerdem mit einem Stück beauftragt, in dem er darüber schreibt, wie es war, diese Männer zu treffen. CNN hat ebenfalls Überlebende interviewt. Währenddessen leugnen sowohl Putin als auch der tschetschenische Präsident - unter anderem zu lesen in dieser Zusammenfassung im Advocate - dass es systematische Morde und Folter an schwulen Männern gibt bzw. sie leugnen, dass es überhaupt schwule Männer in der russischen Republik gibt. Nach den „Anti-Propagandagesetzen", dem Grundstein für die Verfolgung schwuler Männer in Russland, haben wir nun mehrere Eskalationsstufen übersprungen und erleben den Beginn eines Genozids. Den Genozid, für den sich kaum jemanden zu interessieren scheint — nicht zuletzt, weil Menschen wie die Baden-Badener Lifestyleredakteurin dafür sorgen, dass immer mehr von uns glauben, dass es ihn nicht gibt. Putin und seine Handlanger verfolgen, foltern und ermorden systematisch eine Bevölkerungsgruppe ihres Landes und wir schauen dabei zu.

Training für den Genozid: Russlands und Tschetscheniens Foltermorde an schwulen Männern

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Kommentare 9
  1. Barbara Streidl
    Barbara Streidl · vor fast 7 Jahre

    Fake News in diesem Zusammenhang ist natürlich echt dick. Aber den Hinweis von Frederik ob des Begriffs "Genozid" kann ich gut nachvollziehen. Ist das so was wie ein Maskuzid oder ein Homozid (vgl. Femizide etwa in Mexiko)?

    1. Daniel Schreiber
      Daniel Schreiber · vor fast 7 Jahre

      Danke für den Hinweis, Barbara, habe Frederik unten schon geantwortet - und ja, ich denke, du hast recht, wir brauchen ein neues Wort und vielleicht ist Homozid schon das richtige...

  2. Frederik Fischer
    Frederik Fischer · vor fast 7 Jahre

    Danke für die Zusammenstellung, Daniel. Eine Ergänzung meinerseits vom piqd-Kollegen Keno Verseck (Kanal: Osteuropa): https://www.piqd.de/os...
    Dieser Fall ist ein großartiger Beleg dafür, wie perfide moderne Informationskriege geführt werden. Je haarsträubender das Verbrechen, desto einfacher ist es, die Berichterstattung als "Fake" wegzuwischen. "Ihr glaubt doch nicht ernsthaft, dass wir....Wie sollten wir...? Das ist doch lächerlich". D.h. in der Logik dieser neuen Informations-Dynamik werden Taten belohnt, die so drastisch mit dem westlichen Konsens von Menschenrechten und einer offenen Gesellschaft brechen, dass sich auch ohne Zutun von außen schon etwas im Leser/der Leserin sträubt, das Geschehene zu glauben.
    Aber erlaube mir eine naive Frage: Ist "Genozid" in diesem Kontext tatsächlich die passende Bezeichnung? Ich assoziiere mit dem Begriff den Mord von ethnischen oder religiösen Gruppen. Tut man Homosexuellen einen Gefallen wenn man sie wie eine völkische oder religiöse Gemeinschaft versteht, bzw. sie in diese semantische Nachbarschaft rückt?

    1. Daniel Schreiber
      Daniel Schreiber · vor fast 7 Jahre

      Danke für deinen Kommentar, Frederik, und für den Hinweis auf den so gut erklärten Piqd von Keno Verseck und danke auch, dass du das mit den Info-Kriegen so gut auf den Punkt gebracht hast. Ich weiß, was du meinst, mit deinem Bedenken gegenüber der Wortwahl "Genozid". Ich habe nicht nur deswegen auch von "Training für.." und "Beginn von..." gesprochen. Was in Tschetschenien bisher passiert ist, kann man noch nicht mit den Genoziden vergleichen, die wir aus der älteren und jüngeren Geschichte kennen. Es gibt bisher noch keine Bezeichnung für die Verfolgung und die Ermordung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung. Leider sieht es nun so aus, dass wir eine brauchen.

  3. Stefanie Rosenthal
    Stefanie Rosenthal · vor fast 7 Jahre

    Sehr geehrter Herr Schreiber, so löblich ihr Ansinnen ist russische Fakenews zu widerlegen, so kontraproduktiv ist es doch wenn sie dabei zu denselben propagandistischen Mittel greifen.
    1. Die UN haben nichts verurteilt. Stattdessen 5 Fachmenschen die für die UN arbeiten.
    2. Weder die USA, noch GB oder die UN haben systematische Morde verurteilt, sondern Verhaftungen und Folter.
    3. Belege für systematische Morde oder gar einen "Genozid" gibt es in keinem ihrer Artikel.
    V.a. ihr ungeheuerlicher Genozid-Vorwurf ist nicht nur eine Relativierung tatsächlicher Völkermorde, sondern auch ein Bärendienst für die tatsächlich Verfolgten in Tschetschenien, weil der Leser zwischen Übertreibungen wie ihrer und russischer Relativierung das tatsächliche Leid irgendwann nicht mehr erkennt und lieber ganz abschaltet.
    Und sehr geehrter Herr von Jordan, nein, so geht Fast Checking eben nicht. Wenn man bei Piqd für diese Art der Irreführung auch noch einen Orden gibt, können sie ihre "Expertenplattform" am besten gleich wieder schließen.

    1. Daniel Schreiber
      Daniel Schreiber · vor fast 7 Jahre

      Ich hätte Ihnen gerne eher auf Ihre Anschuldigung geantwortet, dass ich dieselben "propagandistischen Mittel" wie die russischen Fakenews benutze, aber ich war verreist. Jemandem, der so genau sein möchte wie Sie, wird sicherlich früher oder später auffallen, dass hier bei piqd.de niemand Falschmeldungen in die Welt schickt, Armeen von Bloggern und Kommentatoren bezahlt, rechtspopulistische Parteien finanziert, ausländische Wahlen beeinflusst, Cyberkrieg führt und Journalisten ermordet. Zudem ist jeder Punkt, den Sie mit großer Geste und von oben herab aufführen, falsch. Anbei ein paar weitere Links, die über systematische Morde und deren Verurteilung durch die USA, GB und UN sprechen. Dass Sie das eine Übertreibung nennen, stößt mir bitter auf. Ich kann nachvollziehen, dass Sie das Wort "Genozid" unpassend finden und tatsächlich lässt sich das, was in Tschetschenien passiert noch nicht mit Völkermorden in Armenien, Ruanda oder dem Holocaust vergleichen. Deswegen habe ich auch von "Training für..." und "Beginn von..." geschrieben. Ihr Post ist meines Erachtens das beste Beispiel, wie gut die russischen Informationskriege funktionieren: Niemand glaubt den Nachrichten mehr.

    2. Daniel Schreiber
  4. Elisabeth Dietz
    Elisabeth Dietz · vor fast 7 Jahre

    Guter, notwendiger Überblick. Danke.

  5. Marcus von Jordan
    Marcus von Jordan · vor fast 7 Jahre

    Danke Daniel! Extra großer piqd-Orden am Bande! Ich finde es extrem wichtig, dass Ihr ab und an auch Dinge "zerlegt" - so geht fact-checking!

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