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Feminismen

Handmaid am Obersten Gericht

Michaela Haas
Reporterin. Autorin. Kolumnistin.
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Michaela HaasMittwoch, 07.10.2020

Wenn in den nächsten Wochen Amy Coney Barrett auf Lebenszeit als Richterin in das Oberste US-Gericht berufen wird, ist das kein Sieg für die Frauen.

Margaret Atwoods Bestseller The Handmaid's Tale entwirft bekanntlich die Utopie einer christlich-fundamentalistischen Diktatur, die Frauen das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben nimmt.

Die Juristin Barrett aber war tatsächlich eine "Handmaid" im richtigen Leben, das war ihr Titel im Führungskreis der fundamentalistisch-katholischen Sekte People of Praise. Der hier gepiqte investigative Bericht aus der Washington Post beschreibt, dass die Sekte das langjährige Engagement Barretts von ihrer Webseite getilgt hat, weil sie natürlich auch weiß, dass die alttestamentarischen Inhalte für die meisten zeitgenössischen Frauen und Männer schwer erträglich sind.

Frauen wie Amy Coney Barrett und ihre gleichgesinnten Gläubigen bekennen sich dazu, dass sie sich Männern unterwerfen, weil es so in der Bibel steht.

Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn. Denn der Mann ist das Haupt der Frau.

Glaubensgenosse Matthew Cochran erklärt in diesem vieldiskutierten Federalist-Artikel, warum es für Frauen eine Freude ist, dem Mann die wichtigsten Entscheidungen zu überlassen: weil Männer, die nicht dominant sind "fundamental unsexy" sind. Ich habe seinen Artikel drei Mal gelesen, weil ich ihn kaum glauben konnte, aber trotzdem kein Fünkchen Ironie darin entdeckt:

Even in marriage, the buck must stop with someone. Considering how much contempt women tend to have for men they dominate, there’s very little genuine desire for the buck to stop with the wife.

Das Ganze könnte man lächerlich finden, wenn nicht in den nächsten Wochen lebenswichtige Entscheidungen anstünden: Ganz abgesehen davon, dass noch nie in der Geschichte Amerikas ein Richter so kurz vor den Wahlen an den Obersten Gerichtshof berufen wurde und die Mehrheit der Amerikaner fordert, der nächste Präsident solle über die Nominierung entscheiden, steht gleich als allererster großer Prozess die Abschaffung der allgemeinen Krankenversicherung für 20 Millionen Amerikaner mitten in der Pandemie auf dem Spiel. Barrett will auch die Schwulenehe und das Recht auf Abtreibung, auch nach Vergewaltigungen und Inzest, abschaffen.

Ausgerechnet die große Frauenrechtlerin Ruth Bader Ginsburg also wird am Obersten Gericht mit einer Juristin ersetzt, die an die grundsätzliche Unterlegenheit des weiblichen Geschlechts glaubt und Frauen nicht zutraut, über ihren eigenen Körper zu bestimmen. Und die soll dann über die Geschicke von 328 Millionen Amerikanern entscheiden. Unfassbar.
Handmaid am Obersten Gericht

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Kommentare 6
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor mehr als 3 Jahre

    Das Problem ist nicht dass eine Konservative Dinge glaubende Person Richterin werden kann - damit muss man leben - sondern dass eine fundamentalistische Religiöse überhaupt Anwältin Richterin werden konnte. Bei uns gibt es Klauseln für Beamte u Öffentliche-Dienst-Angestellte dass sie zb nicht den Scientologen angehören etc.
    Der christliche Fundamentalismus ist extrem gefährlich und potentiell terroristisch. Das wird in Europa gern unterschätzt mit unserer Routine von säkularisierten Welten und reformierten Staatskirchen...

  2. Michaela Haas
    Michaela Haas · vor mehr als 3 Jahre

    Hier noch ein aktueller Link aus dem amerikanischen Rolling Stone, was Barrett für LGBTQ bedeutet (Schwulen haben dann nämlich keine "Rechte" mehr, sondern "Forderungen"): https://www.rollingsto...

  3. Tobias Schwarz
    Tobias Schwarz · vor mehr als 3 Jahre

    Keine Frage, die Nominierung von Barrett ist mehr als problematisch.

    Aber weil "Glaubensgenosse" als Wort ja impliziert, dass der Autor des oben diskutierten Schwachsinns, Matthew Cochran, ein Mitglied ihrer Sekte ist und deren - d.h. Barretts - Position erläutert, die Frage ob dem tatsächlich so ist. In seinem Blog schreibt Cochran als Reaktion auf den zwangsläufigen Shitstorm nämlich:

    "The objection is that I’m not actually representing Judge Barrett’s views on submission or those of her faith group." (http://matthewcochran....)

    Wenn er mit seinem Artikel aber eben nicht die Position von Barrett spiegelt, dann ist der Artikel ja erstmal nur absurder Erguss unter vielen im Netz. Und keiner, der bald im SCOTUS vertreten sein wird.

    1. Michaela Haas
      Michaela Haas · vor mehr als 3 Jahre

      Ich habe mich in den letzten Monaten für eine Reportage viel mit den fundamentalistischen Christen in Amerika beschäftigt, vor allem mit den Frauen. Matthew Cochran ist natürlich nicht der Sprecher von Amy Barrett, das ist schon klar, aber er erklärt genau die Weltsicht, die dort vorherrscht, deshalb hat sein Artikel ja auch soviel Aufsehen erregt. Er beschreibt eben keine wirre Aussenseitermeinung, sondern tatsächlich die Weltsicht der Gruppe, die ernsthaft den Mann für den Chef im Haus hält, wie ja auch durch die zahlreichen Zitate in dem Washington Post Artikel deutlich wird.

    2. Tobias Schwarz
      Tobias Schwarz · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      @Michaela Haas Barrett hat definitiv einen "Serena-Joy"-Vibe... vermutlich sogar inkl. aller Widersprüche.

      Interessant an Cochrans Äußerungen finde ich auch ihre fehlende innere Logik. Er begründet sie ja nur zum Teil mit dem Glauben an biblische Zitate, zum Teil auch rein, sagen wir mal, "anthropologisch".

      "Submission isn’t an erotic necessity because of the evil patriarchy. It’s an erotic necessity because male submission is fundamentally ugly to women. Women are typically attracted to a man’s confidence and initiative in the face of risk — and therefore not to a man she can lead by the nose because he fears causing a fuss."

      Natürlich *könnte* er behaupten, dass Gott das weibliche Begehren in weiser Voraussicht so geschaffen hat, dass sie eben das will, was religiös vorgeschrieben ist. Amor fati.

      Aber das tut er eben nicht. Er erklärt stattdessen, dass die Bibel unter der Voraussetzung eines solcherart submissiv disponierten weiblichen Begehrens eine sinnvolle Regelung bietet. Er zäumt das theologische Pferd also von hinten auf.

      Er bietet keine theologische Begründung für eine soziale Praxis, sondern eine anthropologische Begründung für eine theologische Regel für eine soziale Praxis. Rein funktional. Im Gründe könnte er die Theologie also auch einfach rauskürzen. E. L. James hat das ja auch ganz gut hinbekommen.

      Bei wirklich gläubigen Menschen sollte das doch schon die Frage nach dem *eigentlichen* Grund für die Verwendung von Theologie in einem solchen Argument aufwerfen.

  4. Du Irrelevant
    Du Irrelevant · vor mehr als 3 Jahre

    Danke für den Piq!
    Vielleicht wartet sie ja noch bis zur offiziellen Berufung um dann zu verkünden, dass PoP nicht mehr alle Latten im Zaun haben und sie in Zukunft alles tun wird um eine würdige Nachfolge für Ginsburg zu werden!?!
    Ja, ich bin schon wach, aber manchmal tagträume ich gerne😃

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