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Feminismen

Ein Argument gegen "Gendern" gibt es: dieses!

Antje Schrupp
Politikwissenschaftlerin, Journalistin
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Antje SchruppDienstag, 08.09.2020

Dieser Text von Nele Pollatschek hat in den sozialen Medien einige Aufregung erzeugt, kein Wunder – es geht ums Gendern! Wenig erregt die deutschen Gemüter so sehr wie der Versuch, jenseits des generischen Maskulinums (das Frauen und andere Geschlechter "mitmeint") andere Formen des Sprechens über die Geschlechterdifferenz zu erproben. Die Kritik an feministischer "Sprachpolizei" ist auch das stärkste Bindeglied, das Nazis und Neue Rechte mit dem bürgerlichen Mainstream der "alten weißen Männer" verbindet.

Allerdings: Es gibt auch feministische Argumente gegen eine explizite sprachliche Benennung von Weiblichkeit und Geschlechterdifferenz, genauer gesagt – es gibt genau EINES. Allerdings ein gewichtiges. Und davon handelt der hier empfohlene Artikel.

Pollatscheks feministisches Argument gegen das "Gendern" lautet: Durch die sprachliche Sichtbarmachung wird Geschlecht ständig betont und herausgehoben, auch in Kontexten, in denen es gar keine Rolle spielt. Wer inklusiv spricht und schreibt, muss sich dauernd darüber Gedanken machen, ob die Personen, um die es geht, nun männlich oder weiblich sind, und andere ebenfalls darauf stoßen. Damit wird eine Spaltung zwischen den Geschlechtern zementiert, die doch eigentlich überwunden werden sollte.

Dass das so ist, lässt sich kaum bestreiten. Und es ist auch nicht so, dass dieses Phänomen Feministinnen noch nie aufgefallen wäre. Weibliche (oder diverse) Bezeichnungen einzuführen bedeutet in der Tat eine Partikularisierung, letztlich den Verzicht darauf, unmittelbar im großen allgemeinen "Männlichen" aufzugehen. Genau darüber gab es nach 1989 auch Streit zwischen westdeutschen und ostdeutschen Feministinnen; die Ostdeutschen, die das generische Maskulinum bevorzugten, waren letztlich den Westdeutschen, die auf Sichtbarmachung der Differenz bestanden, unterlegen. Oder vielleicht ließen sie sich auch überzeugen; vermutlich teils-teils.

So oder so sind aber beide Sichtweisen valide. Es kommt auch darauf an, worin man den Kern des Feminismus sieht und was man erreichen will. Von der Historikerin Joan W. Scott stammt ja die schöne feministische Selbstbeschreibung "Wir haben nur Paradoxien anzubieten". Und genau so ist es: 

Wir müssen die Differenz betonen, um die Gleichheit zu erreichen, und wir müssen auf Gleichheit bestehen, um unsere Differenzen einbringen zu können. Das ist in der Sprache nicht anders als im Leben.

PS: Zu den grammatikalischen Aspekten (und auch Irrtümern) in Pollatscheks Text ist dieser Thread des Sprachwissenschaftlers Anatol Stepanowitsch lesenswert.

PPS: Ich selbst habe zu dem Ganzen auch eine Meinung – und zwar bin ich Team Gendern – über meine Gründe habe ich hier gebloggt. 

 

Ein Argument gegen "Gendern" gibt es: dieses!

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Kommentare 6
  1. Julia Schwam
    Julia Schwam · vor mehr als 3 Jahre

    Ich mag den Text sehr gerne, weil er einige gute Punkte anspricht. Linguistisch sind manche der im Text aufgestellten Thesen aber nicht haltbar. Was ist mit King und Queen? Hier wird in der Bezeichnung glasklar nach Geschlecht getrennt. Müsste man denn nicht konsequenterweise von King Elizabeth sprechen, um nicht diskriminierend zu sein? Und ist es wirklich so, dass die Queen, heute oder vor einigen hundert Jahren, nicht als vollwertiges royales Oberhaupt gesehen werden kann und konnte, weil sie per Begriff als weiblich gekennzeichnet wird? Ausgerechnet im Vereinigten Königreich nicht, wo trotz der Erbfolgeregeln halt einfach ganz oft eine Queen am Start war und kein King.
    Ich meine, die Argumentation, wenn es einen weiblichen PM gab, lehre das jedes Kind, das PM gar nicht männlich sei, ist ein bisschen anders logisch genauso anwendbar auf die Queen-Situation. Es wird sicher Kinder geben, und sogar Erwachsene, die erstaunt sein werden, dass es auch einen King geben kann und das Gefühl haben, irgendwie gehört das nicht so. Selbstverständlich sind die real existierenden Verhältnisse viel prägender als die Bezeichnungen.
    Die männliche Form wird im Englischen außerdem auch nicht nur bei Berufsbezeichnungen genutzt, wo sich dann eben argumentieren lässt, es waren irgendwann mal nur Männer in diesen Positionen. Die männliche Form wird fast immer genutzt, wenn ein tätigkeitsbezogenes Substantiv gebildet wird, wie im Deutschen auch. Lover, helper oder sinner dürfen doch Frauen auch schon immer sein.

    1. Gabriele Feile
      Gabriele Feile · vor mehr als 3 Jahre

      Vielleicht behalten die Briten das "Queen" bei, auch bei den nachfolgenden Generationen ;-). Das wäre doch mal ein deutliches Zeichen. Und wir könnten einfach das "Kanzlerin" beibehalten.

  2. Marion Meyerolbersleben
    Marion Meyerolbersleben · vor mehr als 3 Jahre

    Ein spannender Artikel, der verblüffend gut ausgedrückt, wie es mir als Frau mit dem Gendern geht.

  3. Du Irrelevant
    Du Irrelevant · vor mehr als 3 Jahre

    Danke super Piq! "Das Durchsetzen „geschlechtergerechter“ Sprache scheint hierzulande manchmal als die eigentliche Kernaufgabe des Feminismus." Das dachte ich auch schon oft! Habe ähnliche Erfahrungen wie die Autorin (hier finde ich "der Autor" ziemlich unpassend, auch wenn ich ihre Meinung sonst teile) in Norwegen gemacht. Dort ist sprachlich quasi alles Maskulinum oder Neutrum, außer "er", "sie", "sein", "ihr", usw. Gleichzeitig würde ich sagen, ist die norwegische Emanzipation weit fortgeschrittener. So sind z.B. Wickeltische entweder in beiden Toiletten oder einem separaten Raum. An einem Tag habe ich mehr Männer mit Kinderwagen (allein!) gesehen, als bisher in Deutschland...
    Super wichtiges Thema und eine wichtige, bisher sehr wenig beachtete Perspektive!

  4. Gabriele Feile
    Gabriele Feile · vor mehr als 3 Jahre

    Ich habe dieses Video mit einer Umfrage wieder herausgesucht, das die meisten kennen dürften. Es zeigt, dass auch im Englischen die Menschen bei generischen Bezeichungen ihren Gender Bias nicht ablegen können. https://youtu.be/J69Hk...

  5. Ulrike Prinz
    Ulrike Prinz · vor mehr als 3 Jahre

    sehr interessante Reflexion, allerdings ist das Englische vielleicht ein spezieller Fall, unterscheidet ja auch kein Sie und Du, bzw. unterscheidet es auf andere sublimere Art.

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