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Feminismen

"Dieses unsichtbare Spinnennetz" - Nino Haratschwilis großartiger Brief an ihre Tochter

Daniel Schreiber
Autor und Journalist
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Daniel SchreiberSonntag, 21.05.2017

Ich bin ein großer Fan von Nino Haratischwili und möchte eigentlich alles lesen, was sie schreibt. In diesem Brief an ihre Tochter schreibt sie über die unterschiedlichen Ideen von "Weiblichkeit", denen sie während ihres Aufwachsens in Georgien und hier in Deutschland, wo sie heute lebt, begegnet ist. Ihre Beschreibung des zweischneidigen Feminismus im Sozialismus, der aufgeklärt und konservativ zugleich war und vor allem dafür sorgte, dass Frauen einer doppelten Arbeitsbelastung ausgesetzt waren, stimmt nachdenklich. Mehr noch aber ihr Bericht, wie sie in die Freiheit des Westens kam, wo sie die "wahren Amazonen" erwartete, aber enttäuscht wurde. Ihrer Tochter möchte Haratischwili mit auf den Weg geben, dass auch sie für Gleichberechtigung kämpfen müssen wird, ihre Werkzeuge dafür aber hoffentlich präziser sein werden als die ihrer Mutter und ihrer Großmütter. Der Text endet mit einer tollen Tirade gegen das heutige Gesicht traditioneller Weiblichkeitsauffassungen, so toll, dass man sie an dieser Stelle zitieren muss: 

"Ich hoffe vor allem, dass du dir die Liebe nicht erkaufen musst mit Power Yoga, Hot Iron, Spinning, Bauch-Beine-Po, Stretch and Relax oder Pole Dance, nicht mit Hunger- und Fastenkuren, mit Low Carb, Paleo, Insulin-Trennkost oder Dukan-Diät, nicht mit Push-up-BH, Tanga oder Shapewear; nicht mit nett sein und pflegeleicht und zuvorkommend und unkompliziert und handzahm und vor allem sexy hexy oder ein Häschen, ein Liebchen, ein Schätzchen; nicht mit kokettem Lachen und Botoxkuren, nicht mit Brustvergrösserung und Fettabsaugen, nicht mit Anpassung und unzähligen Kompromissen ausschliesslich auf deine Kosten, nicht mit heidnischen Opfergaben, blutig und gross und stets wachsend, weil die Götter immer unersättlicher werden, nicht mit Spagat, für den du dich verrenken musst und der dir die Luft zum Atmen nimmt, nicht mit Lügen und Halbwahrheiten – ja, ich hoffe, dass du dir die Liebe nicht mit alldem erkaufen musst."

"Dieses unsichtbare Spinnennetz" - Nino Haratschwilis großartiger Brief an ihre Tochter

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Kommentare 2
  1. Frederik Fischer
    Frederik Fischer · vor fast 7 Jahre

    Ich weiß, was sie ausdrücken möchte, aber ich finde diesen Passus trotzdem höchst schwierig: "...nicht mit nett sein und pflegeleicht und zuvorkommend und unkompliziert". Das impliziert (vermutlich nicht nur für mich), dass es feministisch ist, nicht nett und zuvorkommend zu sein. Ist an dieser Stelle nur ein Detail, aber es stört mich so massiv weil es für eine Tendenz steht, die ich insgesamt zu beobachten glaube: "Nettigkeit", "Sensibilität", "Empathie" und viele andere weiblich konnotierte Eigenschaften, werden als "Schwäche" beschrieben. Männlich konnotierte Eigenschaften wie Rücksichtslosigkeit, Machtstreben und Clan-Denken, gelten als erstrebenswert. Wenn Gleichberechtigung dazu führt, dass die Welt insgesamt "männlicher" wird, erweist sie sich und der Gesellschaft einen Bärendienst. Das Gegenteil wäre erstrebenswert.

    1. Daniel Schreiber
      Daniel Schreiber · vor fast 7 Jahre

      Ich glaube, es gibt diese Tendenz tatsächlich, die du beschreibst, gerade im Kreise der "Lean In"-Bewegung, wo so ein Ellbogen-Vorankommen schnell im Nachhinein als feministische Haltung gedeutet wird, egal wie sehr es sich gegen andere Frauen und gegen Minderheiten wendet. Aber ich frage mich immer, ob das nicht ein Verhalten ist, dass wir bei Männern in der Regel leichthin akzeptieren und uns bei Frauen vor allem deshalb negativ auffällt, weil sie unseren kulturellen Mustern folgend nicht so sein dürfen, sondern eben "nett", "sensibel" und "emphatisch". Im Falle des Haratischwili-Textes, muss ich sagen, finde ich die Kritik nicht wirklich berechtigt. Er wendet sich gegen ein Frauenbild, das Mädchen heute wieder verstärkt eingeimpft wird, mit der Botschaft, dass sie ihr eigene Subjektiv unterdrücken müssen, wollen sie gesellschaftliche Anerkennung finden. Mein Eindruck ist nicht, dass Haratischwili ihrer Tochter mit auf den Weg gibt, rücksichtsloser oder "männlicher" zu sein, was immer das heißen mag, sondern einfach sie selbst.

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