Europas jüngster Staat begeht heute sein erstes großes Jubiläum: Vor zehn Jahren, am 17. Februar 2008, rief Kosovo seine Unabhängigkeit aus. Damals herrschten Stolz und Euphorie. Heute sind nur wenige Menschen im Land in Feierlaune. Das Land findet nicht aus seiner Existenz als Provisorium heraus, in dem Korruption und organisiertes Verbrechen gedeihen. Kosovo ist, nach der Moldau-Republik, das zweitärmste Land Europas. Viele, vor allem die meisten jungen Menschen, würden das Land wegen der Perspektivlosigkeit am liebsten sofort verlassen, wenn sie denn so einfach könnten - als einzige neben Russen und Weißrussen brauchen Kosovaren Visa, um in die EU und viele andere Länder einreisen zu können. Unterdessen wird Kosovo beherrscht von einer Allianz korrupter ehemaliger UÇK-Kommandanten, denen es materiell blendend geht und die wenig Interesse an einer Änderung der Zustände haben. (Eine Analyse zum Jubiläum von mir ist auf SPIEGEL ONLINE zu lesen.) Das Land ist ethnisch auch weiterhin tief gespalten. Im Norden des Landes und einigen anderen verstreuten Enklaven leben die wenigen noch verbliebenen Serben, zum Teil unter permanentem militärischen Schutz der Unmik-Truppen. Im Norden herrscht praktisch Belgrad, das Gebiet ist ein rechtsfreier Raum, in dem weder kosovarische Behörden noch die internationalen Vertreter großen Einfluss haben. Antiserbische und Anti-Roma-Pogrome, wie noch vor ein paar Jahren, gibt es derzeit nicht mehr, aber wer für eine Versöhnung und einen demokratischen Ausgleich zwischen Albanern und Serben eintritt, lebt gefährlich, wie der Mord an dem bekannten Politiker Oliver Ivanovic Mitte Januar zeigte. Auch die 25jährige Journalistin Una Hajdari, Kind albanisch-serbischer Eltern, kämpft an allen Fronten - und steht zwischen allen Fronten. Andrej Ivanji, einer der besten und kenntnisreichsten Journalisten, die vom Westbalkan für deutsche Medien berichten, hat Una Hajdari porträtiert.