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Europa

Wenn Putins Plan funktioniert hätte

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
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Thomas WahlSonntag, 25.12.2022

Es ist wie ein Weihnachtswunder – die Ukraine lebt und kämpft weiter. Und es ist gleichzeitig eine Katastrophe – Menschen sterben in Kälte und Krieg – nicht nur dort.

Was aber wäre, wenn Putins Plan aufgegangen wäre, fragt Anne Applebaum? Eine Frage, die gerade für Deutschland und Europa existenziell ist. Noch am Vorabend der Invasion und kurz danach rieten nicht nur einige amerikanische Experten davon ab,
der Ukraine militärische Hilfe anzubieten, mit der Begründung, dass der Krieg zu schnell vorbei sein würde. Andere Amerikaner (und auch nicht nur Amerikaner Th.W.) wiederholten russische Propaganda und fragten, ob die Ukraine es verdient habe, zu existieren, oder ob sie es verdient habe, verteidigt zu werden. Einige amerikanische Politiker wiederholten diese Ansichten und tun dies auch weiterhin. Was wäre, wenn sie sich durchgesetzt hätten? 

Was wäre geschehen, wenn Kiew, wie vorgesehen, in nur wenigen Tagen erobert worden wäre?

Zelensky, seine Frau und seine Kinder wären von einem der Hit-Trupps ermordet worden, die die Hauptstadt durchstreiften. Der ukrainische Staat wäre von den (russischen) Mitarbeitern übernommen worden, die bereits ihre Kiewer Wohnungen ausgewählt hatten. Dann, Stadt für Stadt, Region für Region, hätte die russische Armee gegen die Überreste der ukrainischen Armee gekämpft, bis schließlich das ganze Land erobert worden wäre. Ursprünglich stellte sich der russische Generalstab vor, dass dieser Sieg sechs Wochen dauern würde.

Und wahrscheinlich wäre die Ukraine jetzt mit Konzentrationslagern, Folterkammern und provisorischen Gefängnissen übersät, die in Bucha, Izyum, Cherson und anderen russisch besetzten Gebieten entdeckt wurden. Viele ukrainische Schriftsteller, Künstler, Politiker, Journalisten und Bürgerrechtler würden wohl in Massengräbern liegen. 

Ukrainische Bücher wären aus Schulen und Bibliotheken entfernt worden. Die ukrainische Sprache wäre in allen öffentlichen Räumen unterdrückt. Hunderttausende weitere ukrainische Kinder wären entführt und nach Russland transportiert oder weiter in der Welt verkauft worden. 

Das Szenario lässt sich weiter denken. Die russische Armee, berauscht durch ihren Sieg, stände an den Grenzen Polens und des Baltikums. Die NATO wäre im Chaos, das gesamte Bündnis würde hektisch Milliarden für eine Nachrüstung ausgeben, um die z.T. dysfunktionalen Armeen auf Vordermann zu bringen. Auch um sich auf eine (dann unvermeidliche?) Invasion in Warschau, Vilnius oder Berlin vorzubereiten. 

Millionen ukrainischer Flüchtlinge würden in Lagern in ganz Europa leben, ohne Aussicht, jemals nach Hause zurückzukehren; die Flut der Sympathie, die sie ursprünglich begrüßte, wäre längst abgeebbt... Die moldauische Wirtschaft wäre vollständig zusammengebrochen; eine pro-russische Regierung in Moldawien würde vielleicht bereits planen, dieses Land in die aufstrebende russisch-belarussisch-ukrainische Föderation aufzunehmen, die ein russischer Propagandist zu früh am 26. Februar begrüßte.

Keine guten Aussichten für Europa und die Menschenrechte. Und das wäre noch nicht alles. Wir müssen davon ausgehen, das China seine Pläne, Taiwan heim ins Reich zu holen, umsetzten würde, da Peking nun annehmen könnte, 

dass ein Amerika, welches nicht bereit ist, einen europäischen Verbündeten zu verteidigen, und völlig in einem langfristigen Kampf gegen ein ermutigtes Russland steckt, niemals alles tun würde, um einer Insel im Pazifik zu helfen. Die iranischen Mullahs, gleichermaßen jubelnd über Russlands Erfolg und die Niederlage der Ukraine, hätten mutig angekündigt, dass sie endlich Atomwaffen besitzen. Von Venezuela über Simbabwe bis Myanmar hätten Diktaturen auf der ganzen Welt ihre Regime verschärft und die Verfolgung ihrer Gegner verstärken. 

Die so schon prekären Konventionen über Menschenrechte und Völkermord, die Regeln der Kriegsführung, das Tabu gegen die gewaltsame Verschiebung von Grenzen – nichts würde mehr gelten. Den Kampf gegen Klimawandel und Armut könnten wir dann auch vergessen. 

Trotz alledem ein frohes Fest und ein gutes neues Jahr. Lasst uns die Zeitenwende beschleunigen. Mehr Hilfe für die Ukraine, mehr Kernkraft, Solardächer und Windräder und noch mehr inhaltsreiche Diskurse …


Wenn Putins Plan funktioniert hätte

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Kommentare 9
  1. Eric Bonse
    Eric Bonse · vor einem Jahr

    Ziemlich spekulativ und verdammt viel Unsinn. Wieso sollte sich Russland auf eine Invasion in Berlin vorbereiten? Und warum sollte China plötzlich Taiwan überfallen? Das wird einfach so behauptet und durch nichts belegt. Statt über eine "Alternate World" sollte wir über die reale Welt reden, in der sich die Ukraine einem kaum noch zu beendenden Abnutzungskrieg ausgesetzt sieht und Europa auf Jahre hinaus geschwächt wird.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr

      …. warum sollte China plötzlich Taiwan überfallen? Weil es das die ganze Zeit ankündigt? So wie Putin erklärte, dass es sowas wie ein ukrainisches Volk nicht gebe?
      Wieso sollte sich Russland auf eine Invasion in Berlin vorbereiten? Nun, wenn es so einfach gewesen wäre, die Ukraine zu erobern, warum nicht weitermachen, in dieser realen Welt. Die Bundeswehr wäre eh nicht kampffähig, die dtsch. Regierung kampfunwillig. Wenn der Zusammenbruch der Sowjetunion das größte Unglück des 20. Jh. war, dann gehört der Verlust mindestens Ostberlins doch dazu?

      Natürlich ist jeder Blick in die Zukunft spekulativ und erst zu belegen, wenn die Zeit reif ist. Aber vielleicht sollten wir wieder lernen auch den Worst Case strategisch mitzudenken. Beim Klimawandel gehen wir doch nur davon aus.

    2. Eric Bonse
      Eric Bonse · vor einem Jahr

      @Thomas Wahl I am not convinced. Ohne Konjunktive würde der gesamte Beitrag in sich zusammenbrechen, und Ihre Antwort auf meinen Kommentar auch.

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

      @Eric Bonse Das gilt für jede Frage, was wäre wenn und für jede nicht triviale Zukunftsaussage …. Es sind immer Szenarien mit gewissen angenommenen Randbedingungen und Wahrscheinlichkeiten. Strategisches Denken und planen wäre unmöglich. Wir können dann nur noch um Vergangenes reden. Und auch da gibt es meist nicht geklärte Konjunktive.

    4. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

      Das passt m.E. auch in diesen Kontext:
      "Russland – so hieß es erst seit dem 17. Jahrhundert – führte nicht nur ständig Krieg, sondern es expandierte unentwegt in fast alle Richtungen. Waren die Schweden besiegt, konnte man sich Polen zuwenden, den Völkern im Kaukasus und dann der ganzen mächtigen Landmasse bis Wladiwostok.

      Das waren keine unbewohnten einsamen Tundren. Dort lebten überall Menschen, die nicht gerade darauf gewartet hatten, sich Russland zu unterwerfen. Russland wurde zu einem Vielvölkerstaat. Nicht alle Stämme überlebten. Riesige Völkerwanderungen begleiteten die Geburten dieser Nation. Sie ging aus Tod und Vernichtung hervor. Und wie wir gerade sehen, ist der Prozess noch lange nicht abgeschlossen.

      Wir sagen gerne und haben nicht Unrecht damit: Das ist Putins Krieg. Aber es ist auch der Krieg, den Russland seit 500 Jahren führt. Er wurde nicht unterbrochen von einem sowjetischen Frieden. Den gab es nie. Das lag nicht nur an der Sowjetunion. Deutschland führte Krieg gegen sie, nachdem sie beide einträchtig Polen überfallen hatten. Aber es gibt für niemanden auf der Welt einen Grund, sich nach der Sowjetunion zurückzusehnen. Die Träume von Größe und Macht waren Albträume. Es floss mehr Blut als im Zarenreich."

      https://www.fr.de/kult...

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr

      China und Taiwan:

      "Von strategischer Politik ist wenig zu sehen. Dabei steht ihre Prüfung noch aus. Ob Deutschland bereit ist, die Folgen seines Handelns zu tragen, wird sich vor allem an China zeigen. Im Wirtschaftsministerium geht man davon aus, dass China bis 2027 Taiwan erobern wird, so steht es in einem internen Papier. Falls das geschieht, hat Berlin keinen politischen Hebel. Deutsche Konzerne sind eng verflochten mit der chinesischen Wirtschaft, mehr als an­dersherum. Verhängt Berlin Sanktionen wie gegen Russland, zwingt es die eigenen Unternehmen in die Knie, richtet in China aber nur wenig aus. Tut sie nichts, sollte sie fortan schweigen, sobald von Menschenrechten die Rede ist. Sie kann nur versuchen, die Abhängigkeit von China zu verringern."
      https://www.faz.net/ak...

  2. Theresa Bäuerlein
    Theresa Bäuerlein · vor einem Jahr

    Das ist ein aufbauender Artikel, den ich gebraucht habe – umso mehr, weil die Autorin, die ja eine starke Expertin zu diesem Thema ist, zu Beginn des Krieges sehr pessimistisch war. Natürlich gehört dazu das „aber“,
    dass die Situation auch in dieser Version der Realität schrecklich ist. Aber sie hätte eben noch viel schlimmer sein können.

  3. Hermann J. F. König
    Hermann J. F. König · vor mehr als ein Jahr

    schwach

  4. Bernd Bauche
    Bernd Bauche · vor mehr als ein Jahr

    Natürlich wissen wir nicht, ob es bei einem Russischen Sieg so gekommen wäre - vielleicht haben ja die Freunde Putins recht, die glauben, dass Russland nach einem erfolgreichen Feldzug (und im Selbstwert gestärkt) ein zuverlässiger Freund Europas im Allgemeinen und Deutschlands im besonderen geworden wäre. Appelbaums Szenario erscheint mir jedoch plausibler als die aus diesen Kreisen häufig geäßerte Befürchtung, dass uns im Falle einer Demütigung des stolzen Nachbarn der Atomkrieg droht - und entscheiden müssen wir nun mal auf der Basis von unvollständigem Wissen. Meine Wahl habe ich (wie offenbar der Piquer auch) jedenfalls getroffen und dieser Artikel hat mich in dieser Entscheidung bestärkt.

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