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Europa

"Seien wir realistisch und fordern das Mögliche" (Leggewie)

Achim Engelberg
Dr. phil.
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Achim EngelbergMontag, 28.05.2018
Als Jugendlicher erlebt Claus Leggewie Paris im Mai 1968. 50 Jahre später nun die Auseinandersetzungen in Frankreich heute. Die neuen Kämpfe, die auch um die Deutung der Vergangenheit gehen. Der Politikwissenschaftler publiziert einen doppelten Zeitzeugenbericht:

Der Zug nach Hause geht pünktlich, kurz vor Strasbourg denke ich an eine große Leerstelle des Mai '68: das vereinte Europa. Im 19. Jahrhundert bildeten Eisenbahnnetze das Gerippe der Nationen, in Frankreich einen Eckpfeiler der Republik wie Schulen und Armee. In dem Maße, wie sich die nationalen Netze verbanden, wuchs eine Infrastruktur der europäischen Gesellschaft, die sich anglich, ohne ihre regionalen Eigenarten zu verlieren. Es ist eine Mär, die Europäische Union schreibe die Privatisierung der SNCF zwingend vor.

Seine Überlegungen ähneln denen des Historikers Tony Judt, der ebenso die ungeheure Bedeutung der Eisenbahn für Europa betonte. In einem seiner letzten Bücher "Dem Land geht es schlecht. Ein Traktat über unsere Unzufriedenheit" plädierte er dafür, Privatisierungen rückgängig zu machen:

Die Eisenbahn ist – wie die Landwirtschaft und die Post – eine ökonomische Veranstaltung und zugleich ein unabdingbares öffentliches Gut.

Die Bahnhöfe sollten staatlich sein, aber viele Einrichtungen in ihnen privat:

Es gibt keinen Grund, weshalb Zeitungskioske oder Cafeterias in staatlicher Regie betrieben werden sollten.

Claus Leggewie verbindet das Utopische der 68er mit der Frage der Stunde: Wie weiter Europa?

Die Lehre aus den schlechten Erfahrungen anderer EU-Länder damit (die Privatisierungen, A.E.) wäre eher, diese scheinbar naturwüchsige Tendenz umzukehren und ein europäisches Schienennetz als Gemeinschaftsgut in Angriff zu nehmen, ohne dabei den Nahverkehr zu vernachlässigen, der auf einigen Strecken heute noch so langsam geht wie 1968. Ein europäisches Schienennetz, das nicht nur die Jungen kostenlos nutzen können – so geht eine schöne Post-68-Realutopie. Seien wir realistisch und fordern das Mögliche.

"Seien wir realistisch und fordern das Mögliche" (Leggewie)

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Kommentare 4
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor fast 6 Jahre

    Also erst mal müßte man auch mal die schlechten Erfahrungen bei den "natürlichen Monopolen" im Staatsbesitz, wie sie ja bei vielen Verkehrsinfrastrukturen existieren, einbeziehen. Die sind in der Regel miserabel - wenn ich z.B. so an den Athener Flughafen denke. Und es geht doch nicht um kostengünstige Preise sondern um kostengerechte. Die Methode einfach nicht kostendeckende Preise zu nehmen und dann hinten rum zu subventionieren bzw. die Strukturen vergammeln zu lassen, dass ist doch keine Lösung.

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor fast 6 Jahre

      Oh, da hatte ich bislang Glück beim Athener Flughafen. Laut Wikipedia ist der nur 45 Prozent in Staatsbesitz.
      Aber Leggewie geht es nicht um Flughäfen, sondern um Angebote, die die Europäer verbinden.
      Und sein Eisenbahnvorschlag erscheint mir plausibel. Er denkt eine Idee der EU, 18jährigen kostenlose Europabahntickets zu verschenken, so zu Ende, dass Vorurteile (faule Griechen, geizige Deutsche) für alle Altersgruppen abgebaut werden können.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 6 Jahre

      @Achim Engelberg Nun, ich lese er ist zu 55% im Staatsbesitz. Aber es kann auch sein, dass ich noch den alten in Erinnerung habe - der war erschreckend.

      Man kann sich auch die Geschichte der britischen Eisenbahn und ihren staatlichen und öffentlichen Besitzer ansehen. Die Erfahrungen sind in beiden Eigentumsformen gemischt. Das ist ja ein Problem natürlicher Monopole. Sie sind Monopole - ob staatlich oder privat. Aber historisch sind die Eisenbahnen privat entstanden und mit dem Autoverkehr dann ins Trudeln gekommen. In D spielten wohl vor allem militärische Erwägungen eine Rolle bei der Verstaatlichung. Und die Bundesbahn war ja auch nicht gerade ein reines Glanzstück. https://de.wikipedia.o...

      Also grundsätzlich sind meine Erfahrungen mit Gemeingütern im Staatsbesitz nicht gut - das Groß-Experiment ist jedenfalls 1989 gescheitert.

      Ob man mit einer kostenlosen Fahrt durch Europa Vorurteile abbauen kann, das weiß ich nicht. Eventuell kommen auch welche dazu? Aber man sollte so was anbieten. Gab es dass nicht schon mal, zumindest verbilligte Tickets für junge Leute?

    3. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor fast 6 Jahre

      @Thomas Wahl Ja, das waren (sind?) die Tickets für 18jährige, also gerade volljährig gewordene Wahlberechtigte.
      Klar, der Staatssozialismus ist krachend gescheitert, aber der Artikel will ja keine Totalverstaatlichung des Realsoz in der Endphase (erst Anfang der 1970er Jahre wurden etliche Privatunternehmen in der DDR verstaatlicht).
      Da momentan der Mut und das Vertrauen auf eine große Vergesellschaftlichung fehlen, in vielen Ländern die Defizite zu rasanter Privatisierungen offensichtlich ist, sind diese Verstaatlichungsüberlegungen ja vor allem Versuche, wieder Boden unter die Füsse zu bekommen. Ausreichen wird das nicht.

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