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Europa

Polens Demokratie ist nicht in akuter Lebensgefahr

Ulrich Krökel
Osteuropa-Korrespondent / Piqer für DLF-Europaformate
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Ulrich KrökelMontag, 12.12.2016

Auf die Gefahr hin, dass ich mich an dieser Stelle wiederhole und durch die Wiederholung ein falscher Eindruck entsteht, sei gesagt: Ich habe ein wachsendes Problem mit der deutschen Berichterstattung über PiS-Polen. Um möglichen Missverständnissen vorab entgegenzutreteten, halte ich fest: Ich finde, dass die Regierungsführung der PiS scharfe Kritik verdient hat. Die Rechtsnationalen haben mit ihren demokratisch fragwürdigen systemischen "Reformen" (Verfassungsgericht, Justiz, staatliche Medien, zuletzt Versammlungsrecht) den falschen Weg eingeschlagen - aber!

Aber mir gefällt die falsche Zuspitzung nicht. Mir gefällt nicht, wie wenig differenziert berichtet wird. Heinrich Wefings Text bei Zeit online ist dafür ein gutes Beispiel: Die Stimmung sei "toxisch", konstatiert dort "ein kenntnisreicher Beobachter Polens, der sich, wie viele andere, nicht namentlich zitieren lassen will". Was wollen uns der Autor und sein Kronzeuge damit sagen? Toxisch, also vergiftet, ist die Stimmung fast überall in Europa, und vor allem ist die politische Stimmung in Polen seit ... Ja, seit wann eigentlich? Im Grunde ist die Stimmung in Polen seit 1989 so vergiftet wie jetzt, mal etwas mehr, mal weniger. In keinem Fall aber hat sich der Vergiftungszustand seit Amtsantritt der PiS in einem für die Demokratie lebensbedrohlichen Ausmaß verschlimmert, nicht einmal so sehr, dass man sich mit diesem Statement nicht zitieren lassen könnte.

Diese Art des Berichtens suggeriert, dass in Polen, wie etwa in der Türkei, jeder Regierungskritiker Gefahr läuft, verhaftet zu werden. Von türkischen oder russischen Zuständen ist das EU-Land Polen aber weit entfernt! Es gibt eine Vielzahl nichtstaatlicher, frei berichtender und scharf oppositionell kommentierender Medien und morgen, am 35. Jahrestag der Einführung des Kriegsrechts, werden Zehntausende für und gegen die PiS demonstrieren.

Kurz: Ich glaube nicht, dass die andauernde Zuspitzung in der deutschen Polen-Berichterstattung angemessen ist.

Polens Demokratie ist nicht in akuter Lebensgefahr

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Kommentare 3
  1. Christian-Zsolt Varga
    Christian-Zsolt Varga · vor mehr als 7 Jahre

    Bestimmt gibt es auch übertriebene oder oberflächliche Berichterstattung zu Polen. Aber es überrascht mich, dass es in Polen grundsätzlich nicht auch vorstellbar sein soll, das bestimmte Personen sich nicht zitieren lassen möchten, weil sie sonst mit Problemen rechnen. Warum? Probleme fangen ja nicht erst bei der Angst ums Leben oder vor Verfolgung an. Zwischen Türkei / Russland und einem offenen gesellschaftlichen Klima, in dem man sich wie selbstverständlich ermutigt fühlt, sich unbeschwert öffentlich äußern zu können, ohne dass man Gedanken an evtl. eintretende private Folgen, ökonomische Risiken, etc. verschwenden muss, ist schließlich noch viel Spielraum. In Ungarn bspw. ist es gerade dieser Spielraum, der von der Regierung effizient genutzt wird, um Leuten die Lust / den Mut an öffentlich vorgetragener Kritik zu nehmen. Es reicht schon, die Perzeption eines evtl. eintretenden Risikos bei den Betroffenen aufrecht zu erhalten. Politische Eliten, die bereit sind, ein solches gesellschaftliches Klima aktiv herzustellen, haben grundsätzliche demokratische Werte nicht internalisiert und stellen eine sehr große Gefahr für demokratische Institutionen dar.

    1. Ulrich Krökel
      Ulrich Krökel · vor mehr als 7 Jahre

      Selbstverständlich gibt es in Polen Menschen, die sich nicht zitieren lassen wollen. Das gibt es in Deutschland, Frankreich oder Finnland auch. Die Frage ist doch, ob man mit dieser Tatsache in einem Text demonstrativ arbeitet und dadurch den Eindruck erweckt, im Land herrsche ein Klima der Angst ("Sie werden ihn mit Strafverfahren überziehen" etc.). Das ist aber in dem suggerierten Maß schlicht nicht der Fall. Ich habe bislang nie Probleme gehabt, Ansprechpartner zu finden, die sich namentlich zitieren lassen. Ich glaube übrigens auch, dass der Vergleich mit Ungarn (noch) hinkt. Insbesondere die Situation der Medien ist in Polen eine andere - wie gesagt: noch. Aber man sollte bei der Berichterstattung schon vom Hier und Jetzt ausgehen. Man darf gern auf Gefahren und Defizite hinweisen, aber ich habe ein Problem mit der fehlenden Differenzierung (z.B. eben auch im Vergleich zu Ungarn).

    2. Gurdi (Krauti)
      Gurdi (Krauti) · vor mehr als 7 Jahre

      @Ulrich Krökel Im Fall von Russland hat Sie recht selten Probleme mit mangelnder Differenzierung, soweit ich mich erinnern kann...

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