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Europa

Nachdenken über unsere Demokratie – wider die Vereinfachung

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
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Thomas WahlSonntag, 07.06.2020

Nicht nur in Europa gerät die Demokratie als Herrschaftsform unter Druck, wird zumindest als Ideal entzaubert. Teilweise auch durch das Verhalten der politischen Klasse, "die oft wie losgelöst von der Gesellschaft" wirkt. Aber eigentlich sind es wahrscheinlich tiefliegende strukturelle Ursachen. Die diskutiert der Artikel am Beispiel der demokratischen Wirksamkeit von Wahlen.

Die historischen Rechtfertigungen von demokratischen Wahlen lassen sich laut Autor in fünf wesentliche Funktionen zusammenfassen:

  • eine Funktion der Repräsentation, indem Personen gewählt werden, welche die Interessen und die Probleme unterschiedlicher sozialer Gruppen vertreten;
  • eine Funktion der Legitimation der politischen Institutionen und Regierungen;
  • eine Funktion der Kontrolle der Gewählten, weil die Aussicht auf ihre mögliche Wiederwahl Druck ausübt, zu ihren Zusagen zu stehen und ihre Programme umzusetzen. ...
  • eine Funktion der Erzeugung von Bürgerschaftlichkeit, die dem das allgemeine und gleiche Wahlrecht definierenden Prinzip „one man, one vote“ Konsistenz verleiht (sie trägt somit in erster Linie zur Herstellung einer „Gesellschaft der Gleichen“ bei  ...).
  • eine Funktion der Belebung öffentlicher Deliberation. ... nämlich in der Teilnahme an Wählerversammlungen, bei denen es um den Austausch von Argumenten ging. ...

Würden Wahlen all diese Aufgaben erfüllen, kämen unsere Gesellschaften dem Ideal der Demokratie wohl recht nahe. In der wirklichen Geschichte hat das aber nie gut funktioniert. Und in den modernen Staaten kommen verschiedene Faktoren dazu, die die zentralen Hoffnungen in Wahlen relativieren. So hat etwa die zunehmende Macht der Exekutive die Vorstellung von Repräsentation relativiert, weg von der unmittelbaren Abbildung der "Vielheit" der Gesellschaft durch die parlamentarischen Versammlungen. Dazu noch:

Wir sind in eine neue Epoche der Identität eingetreten, die an die Entstehung eines Individualismus der Singularität gekoppelt ist und in der die Individuen ebenso durch ihre persönliche Geschichte bestimmt werden wie durch ihre soziale Lage.

Man kann auch sagen, das „Volk“ versteht sich nicht länger als eine homogene Masse - falls das je so war:

Die Gesellschaft stellt sich als eine gigantische Ansammlung der unterschiedlichsten Lebensbedingungen von Minderheiten dar. „Volk“ ist nunmehr der Plural von „Minorität“.

So schrieb Alexis de Tocqueville noch angesichts der neuen heraufziehenden demokratischen Welt: „Der Begriff des Staates vereinfacht sich. Die bloße Zahl macht Recht und Gesetz. Die ganze Politik reduziert sich auf eine arithmetische Frage.“ Heute sehen wir, die Gesellschaften entwickeln sich in Richtung einer Verkomplizierung der Demokratie,

eine Vervielfachung der Ausdrucksformen des Gemeinwillens, Ausweitung der Modalitäten von Repräsentation, Pluralisierung von Souveränität. Wer die Demokratie vereinfacht, verrät sie an die „autoritär-illiberalen“ Regime und an die populistischen Bewegungen, die den Aufstieg solcher Regime herbeiführen.
Dar Artikel empfiehlt daher als neuen Weg, "den Gemeinwillen im Sinne eines einmütigen Ausdrucks der Gesellschaft wiederzuentdecken." Und zwar unter Anwendung der Begriffe: die Unparteilichkeit und das Prinzip Volk. Was auch bedeuten würde, das demokratische Ideal weiterzuentwickeln, in dem sich
die Demokratie in ihren Institutionen, ihren Verfahren, ihren Weisen, Gesellschaft darzustellen, verkompliziert. Umgekehrt sind es die Kräfte der Simplifizierung, die die Demokratie tendenziell korrumpieren, .....: Simplifizierung der Repräsentation durch Personenkult und vorgebliche Verkörperung, Simplifizierung der Ausübung von Souveränität durch die Sakralisierung von Referenden, Simplifizierung der Idee des Gemeinwillens durch die Allmacht faktischer Mehrheiten und die Zurückweisung anderer Ausdrucksformen gesellschaftlicher Allgemeinheit. 

Ist aber die Weiterentwicklung des Ideals zu mehr Kompliziertheit wirklich die Lösung? Was können wir jenseits des Ideals erwarten von der realen Demokratie, die von wirklichen (nicht idealen) Menschen gebildet wird? Wurden die Ideale denn wirklich verraten? Ist es nicht eher so, dass Gesellschaften sich nie dem Ideal entsprechend entwickeln? Wäre also die eigentliche Frage, wie Imperfekte, nichtideale, reale Demokratien funktionieren können? Müssen wir lernen mit gewissen Widersprüchen und Krisen zu leben?

Nachdenken über unsere Demokratie – wider die Vereinfachung

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