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Europa

Ein niederländischer Blick auf Europa als imaginärer Supertanker

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
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Thomas WahlDienstag, 02.02.2021
Geert Mak ist einer der bekanntesten Publizisten der Niederlande, auch durch seine Bücher über Europa. Sein Buch „In Europa“ versuchte die europäische Aufbruchstimmung der Jahrhundertwende einzufangen. Das Jahr 1999 verbrachte er damit, den Kontinent und seine Historie kreuz und quer zu bereisen, um zu erfahren,
was dieser nebulöse Begriff »Europa« bedeutet. Europa, das wurde mir im Laufe dieses Jahres klar, ist ein Kontinent, auf dem man mühelos in der Zeit hin und her reisen kann. Die verschiedenen Phasen des 20. Jahrhunderts sind alle noch irgendwo existent. Auf den Fähren in Istanbul herrscht das Jahr 1948, in Lissabon 1956. Am Gare de Lyon in Paris fühlt man sich wie im Jahr 2020; in Budapest haben junge Männer die Gesichter unserer Väter. In dem südungarischen Dorf Vásárosbéc ist die Zeit bei 1925 stehen geblieben. 
In seinem neuen Buch „Große Erwartungen“ setzt er seine Beobachtungen im neuen Jahrhundert in die Gegenwart fort. Die Aufbruchstimmung ist dahin:
Man hatte einmal geglaubt, die westliche Freiheit und Demokratie würden langsam den Osten und den Rest der Welt erobern. Inzwischen scheint die Entwicklung eher in die andere Richtung zu gehen. Europa ist desorientiert, gespalten und geschwächt. Russland ergreift jede Gelegenheit, neue Zwietracht zu säen, China nutzt die entstehenden Lücken, um die Europa sich nicht kümmert, ob in Mitteleuropa oder auf dem Balkan und in Griechenland. Weiter im Westen gibt es nun einen amerikanischen Präsidenten, der im Großen und Ganzen die gleiche Destabilisierungspolitik betreibt wie die Russen und der innerhalb kurzer Zeit die Regeln und Institutionen der Nachkriegsweltordnung aushebelt. ... Wie konnte das optimistische Europa des Jahres 1999 all das geschehen lassen? 
Dabei hätte die Europäische Union – so Mak im empfohlenen Interview – alle Potenziale, zu einer Weltmacht aufzusteigen,
aber durch das Veto der Mitgliedsstaaten kann es nicht handeln wie eine Weltmacht. Die EU ist ein Supertanker mit 27 Kapitänen am Ruder. Die Folge: Den Entscheidungen mangelt es an Schnelligkeit und Flexibilität.
Wobei ich eher denke, Europa, das sind 27 Tankerkapitäne, die einen Supertanker simulieren (wollen)? Aber grundsätzlich ja, eine ideal funktionierende Union wäre eine Macht von Weltrang. Wir kranken heute an den vertraglichen Fehlkonstruktionen der 90er Jahre und auch an dem Zu-viel, Zu-schnell.

Der Euro ist gemeinschaftliche Währung von wirtschaftlich und kulturell sehr unterschiedlichen Staaten ohne gemeinschaftliche Fiskalpolitik. Schengen erlaubt grenzenloses Reisen im Inneren ohne gemeinsame Kontrollen der Außengrenzen. Eine gemeinsame Migrationspolitik fehlt komplett.  Nach wie vor ist die Kernfrage ungelöst:
Wie viel Macht erhält das Zentrum? Wir sind auf halbem Weg zu einem föderalen Staatswesen stehengeblieben oder wie es Joschka Fischer einmal formulierte: Wir sind in der Mitte eines Flusses – an einem Ufer steht die nationale Souveränität, am anderen wartet eine echte europäische Föderation. 
Oder auch nicht – wollen wir ein Staatenbund sein oder Bundesstaaten in einem gemeinsamen Staatswesen? Und die Bewältigung der Pandemie zeigt Europa und seine Mitgliedsländer nicht gerade von ihrer besten Seite:
Die ökonomischen Folgen werden uns noch lange beschäftigen. Das Virus wandelt sich und damit auch die Pandemie. Das Gefühl, der Staat wird uns beschützen, ist umgeschlagen in ein Gefühl der Beklemmung: Unter vielen macht sich eine Stimmung breit, die eigene Zukunft nicht mehr selbst im Griff zu haben. Das schafft Unsicherheiten. In solchen Zeiten flüchten sich Menschen gerne in ihre eigene Phantasiewelt und Verschwörungsmythen. Die Suche nach einfachen Wahrheiten ist sehr essentiell ...
Insgesamt ist Mak nicht so pessimistisch für die Zukunft des Kontinents. Auch wenn er für den Fall des Misslingens der ökonomischen Erholung Europas nach der Pandemie eine ernsthafte Gefahr neuer nationalsozialistischer Bewegungen sieht. Er zieht einen Vergleich mit dem Beginn des 16. Jahrhunderts:
Neue technische Erfindungen wie der Buchdruck, die Entdeckung Amerikas, die Reformation und der Bruch der etablierten Macht des Papsttums haben alte Strukturen erschüttert. Eine alte Ordnung vergeht, die neue ist aber noch nicht etabliert. In solchen unsicheren Übergangszeiten flüchten sich Menschen in Scheinwelten ..
Er hofft auf die reinigende Kraft der Krisen, auf eine neue Rolle des Staates – mehr Versorgungsstaat mit Grundeinkommen. Ich bin da europaweit gesehen eher skeptisch, bleibe aber neugierig.
Ein niederländischer Blick auf Europa als imaginärer Supertanker

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