Skeptisch las ich dieses Buch. Es beginnt wie ein sarkastischer Politthriller und wird zu einem beobachtungsscharfen Romanessay, der widerständiger ist als die letzten Schriften von Robert Menasse. Das Buch überzeugte mich.

Viele Interviews gab dieser Autor, viele wird er nun geben. Das hier mit Hans-Dieter Schütt dürfte eines der besten bleiben. Auf jeden Fall ist es eine Fortsetzung. Beide kennen sich lange und führten immer wieder Gespräche, die bislang in dem Band DIE ERDE IST DER FERNSTE STERN (Berlin 2008) gebündelt vorliegen. Damals war gerade der Vorgänger-Roman DON JUAN DE LA MANCHE ODER DIE ERZIEHUNG DER LUST erschienen. Seitdem publizierte Menasse Essays, Theaterstücke und rang an dem neuen Buch, das wahrscheinlich sein erfolgreichstes wird.

Schütt: In Ihrem Roman steht der Satz: »Ideen stören, was es ohne sie gar nicht gäbe.«

Menasse: Ideen, diese oft so hochtrabenden Gespinste, setzen etwas in die Welt, das dann zu realen Auseinandersetzungen bis hin zu Materialschlachten führt, politisch, ökonomisch und kulturell. So entstanden Revolutionen und Gegenrevolutionen. Und manchmal, was für die Menschen noch das größte Glück war, kam es zu lausigen Kompromissen zwischen der Schönheit einer Idee und entgegengesetzten Interessen. Kurz: Es kommt so nicht nur zu Störungen im System, denn das Gehabte funktioniert nicht mehr, nein, es kommt auch zu Störungen und Zerstörungen der Idee selbst. Die Idee einer gerechten Welt hat zum Beispiel bei Mächtigen das Bewusstsein für eine große Gefahr produziert: dass es wirklich zu einer gerechten Welt kommen könnte.

Übrigens hängt das Staatsschauspiel Dresden während der PEGIDA-Demonstrationen einen Ausspruch dieses bedeutenden Essayisten in der Tradition von Jean Améry an das Theater:

Es wird sich bald entscheiden müssen, welcher Typus Europäer die Zukunft bestimmt: der universale Europäer oder der eindimensionale Europäer. Das heißt aber auch: ob auf diesem Kontinent in Zukunft Menschenrecht oder wieder Faustrecht herrscht.