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Europa

Demokratie und Gewaltenteilung.

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
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Thomas WahlMittwoch, 12.02.2020

Dass Demokratie Gewaltenteilung braucht, ist sicher unbestritten. Aber ob und wann werden Institutionen der Gewaltenteilung wie etwa Zentralbanken oder oberste Verfassungsgerichte zu Bremsen für demokratische Prozesse? Oder führen gar zur "eingeschränkten Demokratie"? Diese heikle Frage stellt der Autor des Artikels. Er sieht den Ursprung der eingeschränkten Demokratie in dem Zusammenbruch der großen multinationalen Reiche in Folge des ersten Weltkrieges:

Die Massen waren in großem Umfang politisch geworden. Die Eliten sahen sich der Aufgabe gegenüber, die Legitimität zu behalten, obwohl die alte Ordnung zusammengebrochen war. Das Russische Reich war 1917 das erste der großen Imperien, das sich verabschiedete. .... dass von der Oktoberrevolution ein radikaler Schwung in Europa ausging, der von der Münchner Räterepublik bis zur Föderativen Ungarischen Sozialistischen Räterepublik reichte, die 1919 beide brutal niedergeschlagen wurden.
Diese und andere militante Ausbrüche in ganz Europa bildeten den Hintergrund für die Entstehung einer eingeschränkten Demokratie. Die herrschenden Eliten in ganz Europa spürten den enormen Druck einer aufsteigenden Arbeiterklasse. Die Herrscher Europas waren nicht abgeneigt, in hohem Maße Gewalt einzusetzen, um diese Militanz zu bremsen. Die physische Kraft allein reichte allerdings nicht aus. Die europäische Elite stand unter starkem Reformdruck. Dies betraf die Ausweitung des Wahlrechts und die Gewährung einer größeren Rolle für die Parlamente. Gleichzeitig wurde nach Wegen gesucht, die Artikulation des Bevölkerungswillens zu bremsen.

Hier zeigte sich eine prinzipielle Zwickmühle. Einerseits war klar, das es ein Mitspracherecht des Volkes geben muß. Andererseits sollten dessen Entscheidungen durch Verfassungsgerichte oder Präsidenten eingeschränkt werden können. 

Der Vielzahl von Erklärungen grundlegender Rechte in der (weimarer T.W.) Verfassung folgten typischerweise Vorbehalte. So legt beispielsweise Artikel 114 fest: „Die Freiheit der Person ist unverletzlich“ und fügt hinzu, dass die „Beeinträchtigung oder Entziehung der persönlichen Freiheit durch die öffentliche Gewalt“ lediglich „aufgrund von Gesetzen zulässig“ ist. Artikel 118 räumt jedem Deutschen das Recht ein, „seine Meinung durch Wort, Schrift, Druck, Bild oder in sonstiger Weise frei zu äußern“, allerdings nur „innerhalb der Schranken der allgemeinen Gesetze“. In dieser Weise wird jedes Recht gleichzeitig wieder eingeschränkt.

 Dahinter steht die Annahme, dass bürgerliche und politische Freiheiten notfalls, zur Verteidigung der Demokratie, eingeschränkt werden darf oder muß. 

Ein weiteres Beispiel für die Beschneidung der Handlungsspielräume gewählter Volksvertreter sind die unabhängigen Zentralbanken. Präsidenten dieser Zentralbanken sind das Urbild des nicht demokratisch gewählten Technokraten mit weitgehender Macht über wirtschaftlich Prozesse der Gesellschaft. Natürlich mit dem Ziel finanzieller, politischer und sozialer Stabilität.

Der Autor sieht dann die EU als "wahrscheinlich die am weitesten entwickelte Form der eingeschränkten Demokratie", ja sogar als strukturell antidemokratisch. Soweit würde ich nicht gehen. Aber inwieweit sich viele Disfunktionalitäten unserer Union und auch der Vorbehalte ihr gegenüber aus den widerstreitenden demokratisch geäußerten Interessen in den verschiedenen Mitgliedsnationen und technokratischen Entscheidungen ergeben, dass gilt es zu diskutieren.


Demokratie und Gewaltenteilung.

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Kommentare 3
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor 4 Jahren · bearbeitet vor 4 Jahren

    Ja. Es gibt Einschränkungen der demokratischen Rechte. Sie mögen ursprünglich auch antidemokratischer Herkunft sein - und sogar heute noch technokratisch bedingt (wobei ich glaube etwa die macht von Zentralbanken etwa ist eher neoliberal kapitalistischer Art die sich nur tarnt).
    Aber wir wollen nicht vergessen dass zumindest in modernen Verfassungen diese Einschränkung und Mittelbarkeit des Systems der Erfahrung von Weltkrieg und Diktatur die aus (angeblicher?) Demokratie entstand geschuldet ist.
    schränken menschenrechte die demokratische Souveränität ein? Aber ja. halten häufig Verfassungsgerichte Politiker gewählte Volksvertreter auf Kurs?
    ja.
    Diese Einschränkung ist das Pendant zu derjenigen die gegen das Volk in Stellung gebracht wird.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 4 Jahren

      Nun können natürlich auch Verfassungsgerichte gegen das Volk in Stellung gebracht werden und wurden es auch schon. Sie können falsche aber auch richtige Entscheidungen der Parlamente stoppen. Leider weiß man immer erst viel später was richtig war. Die Einschränkung der Parlamente erfolgt jedoch unmittelbar.

    2. Cornelia Gliem
      Cornelia Gliem · vor 4 Jahren

      @Thomas Wahl oft weiß man durchaus gleich ob etwas richtig oder falsch war.
      Und ein Verfassungsgericht braucht auch eine starke Verfassung mit Grundrechten. und nicht zuletzt Bürger und bürgersinn.
      Aber es ging mir oben auch um die tatsache dass nicht jede Einschränkungen automatisch undemokratisch ist.

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