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Wie ein Jude und eine junge Frau aus Amerikas Vorzeige-Rassisten einen Menschenfreund machten

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

Mag es, gute Geschichten zu erzählen.
Mag es, gute Geschichten zu lesen.
Mag es, gute Geschichten zu teilen. Das tut er hier.
Mag es gar nicht, in der dritten Person über sich zu schreiben.

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Simon HurtzFreitag, 22.05.2020

Vorbemerkung: Ich piqe selten Texte, die nicht frei im Netz stehen. Es ist fies, erst neugierig gemacht zu werden und dann zu merken, dass man den angepriesenen Artikel gar nicht lesen kann. Wenn ich das mache, muss es sich wirklich lohnen.

Das trifft auf diese Reportage zu. Wer kein Spiegel-Abo besitzt und kein kostenloses Probe-Abo abschließen will, findet den Text hier bei Blendle – für 15 Leseminuten sind 79 Cent gut investiert.

Genug der Werbung für die direkte "Konkurrenz" (ich arbeite für die SZ) und endlich zum Thema: Alexandra Rojkov porträtiert einen der faszinierendsten Menschen, dem ich in den vergangenen Jahren (lesend) begegnet bin. Als Teenager war Derek Black die Zukunftshoffnung der Rechtsradikalen in den USA – kein Wunder, ist er doch in eine Familie voller Neonazi-Prominenz hineingeboren worden:

Dereks Familie gehört einer Bewegung an, die für die Vorherrschaft der "weißen Rasse" kämpft. Vater Don Black ist der Betreiber von "Stormfront", der lange Zeit größten rechtsextremen Website der Welt. Seine Mutter Chloe ist die Ex-Frau von David Duke, Amerikas prominentestem Neonazi und Dereks Patenonkel. Zu Hitlers Geburtstag backte Chloe früher manchmal Kuchen. Im Haus der Blacks hängt ein Porträt von Nathan Bedford Forrest, einem Kopf des Ku-Klux-Klans.

Mit acht Jahren begleitet Derek seinen Vater auf rassistische Konferenzen. Mit zehn bringt Derek sich das Programmieren bei und baut seine eigene Website, ein "Stormfront" für Kinder, wo er über den "Ruhm" der "Weißen Rasse" schreibt. Mit 15 produziert er eine rechtsradikale Radiosendung.

Vor allem aber entwirft Derek die Strategie, die Rechtsextreme in den USA und vielen anderen Ländern der Welt in die Parlamente bringt:

Derek überzeugt seinen Vater, nicht mehr nur Menschen am rechten Rand anzusprechen. Sie verbannen Nazi-Insignien bei "Stormfront" und verbieten Aufrufe zu Gewalt. Später popularisiert Derek den Begriff "White Genocide". In einem Forumseintrag ruft er Stormfront-Anhänger dazu auf, das Netz mit Parolen zu fluten, um die "antiweißen" Massenmedien zu umgehen.

Kurzum: Die ersten 20 Jahre seines Lebens ist Derek ein rechtsradikaler Rassist, wie er im Buche steht.

Einige Jahre später schreibt er eine E-Mail an eine Bürgerrechtsorganisation:

Ich kann keine Bewegung unterstützen, die mir sagt, ich kann nicht befreundet sein, mit wem ich möchte. (...) Meine Aussagen und Handlungen haben Schwarzen und Juden sowie Aktivisten, die sich um Chancen und Fairness für alle bemühen, geschadet. Ich entschuldige mich für den Schaden, den ich angerichtet habe.

Dazwischen liegen Menschlichkeit, Mitgefühl und so viele Pointen, dass sich kein Autor ein solches Drehbuch ausdenken würde – es wäre einfach etwas zu verkitscht, zu "perfekt". Aber manchmal schreibt die Realität solche perfekten Geschichten.

Ich will inhaltlich nicht zu viel verraten, denn das nimmt dem Text seine Wirkung. Nur den Grund, warum ich ihn in diesem Kanal piqe: Er zeigt, dass und wie es möglich ist, Rechtsextreme und Rassistïnnen zurück in die Gesellschaft zu holen. Das ist ausdrücklich kein Plädoyer dafür, Menschenfeindlichkeit zu tolerieren oder dafür Verständnis zu zeigen. Aber ich glaube, dass es wichtig ist, nur ihre Ansichten zu verurteilen – und nicht die Menschen dahinter.

(Wer immer noch nicht überzeugt ist, kann die Geschichte von Derek Black auch auf Englisch in der Washington Post lesen – Eli Saslow ist ebenfalls ein großartiger Autor, aber ich finde die deutsche Version tatsächlich noch einen Tick besser.)

Wie ein Jude und eine junge Frau aus Amerikas Vorzeige-Rassisten einen Menschenfreund machten
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Kommentare 4
  1. Maximilian Rosch
    Maximilian Rosch · vor fast 4 Jahre

    Klingt wie eine Geschichte für den "360 Grad - Geschichten gegen den Hass"-Podcast :)

  2. Marion Bruchhäuser
    Marion Bruchhäuser · vor fast 4 Jahre

    Wirkich ein lesenswertes Porträt. Nicht nur über Hr. Black selbst sondern auch (leider) über die amerikanische Gesellschaft.

  3. Michaela Haas
    Michaela Haas · vor fast 4 Jahre

    Hallo Simon, unsere Kollegin Johanna Bruckner hat seine Geschichte auch schon mal beschrieben: https://www.sueddeutsc...

    1. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor fast 4 Jahre

      Danke für den Hinweis, Michaela! Johannas Text kenne ich auch. Allerdings ist es "nur" eine deutsche Zusammenfassung der Geschichte der Washington Post und anderer US-Quellen. Soweit ich das sehe, hat Johanna nicht mit Derek selbst gesprochen. Deshalb empfinde ich das weniger als Portrait, sondern eher als (gute) Nacherzählung.

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