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Zeit und Geschichte

Gestern & Heute: Das Kaiserreich –in weiter Ferne und doch so nah

Achim Engelberg
Dr. phil.
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Achim EngelbergMontag, 18.01.2021

Eine Nation ward Staat. Vor 150 Jahren begann die erste deutsche Einheit. Es war ein ambivalentes Ereignis:

Am 18. Januar 1871 versammelten sich Vertreter des deutschen Militärs und Adels im Spiegelsaal des Versailler Schlosses, um Wilhelm I. zum Kaiser auszurufen und mit diesem Akt die erste staatliche Einheit Deutschlands symbolisch zu vollziehen. Ort und Zeit waren wohlüberlegt, denn just an diesem Tag im Jahre 1701 ließ sich Friedrich I. in Königsberg zum preußischen König krönen. In dieser Zeremonie mit Generälen und Fürsten zeigt sich der Doppelcharakter dieses historischen Ereignisses: Die nationalstaatlichen Forderungen der 1848er Revolutionäre wurden erfüllt und gleichzeitig die Konterrevolution bewahrt.

So beginnt mein Beitrag zu diesem Ereignis, den ich nicht piqen wollte. Aber da andere Artikel mir nicht gefielen oder hinter Bezahlschranken stehen, entschloss ich mich erstmalig seit der Gründung von Piqd, also vor fünf Jahren, eigenes zu empfehlen.

Von Gestern gibt es einen Beitrag über die Schwierigkeiten vieler Linken mit Staat und Nation, den Ernst Engelberg vor zwanzig Jahren schrieb und der davor warnt, diese zu negieren:

Wir haben nun einmal eine gemeinsame Geschichte, so belastet sie auch sein mag, eine gemeinsame Kultur und Sprache, auch nationale Besonderheiten, wie jedes andere Land. Historisch Gewordenes ist auch menschlich Erfahrenes und Emotionales. Schwerlich können wir die Menschen erreichen, wenn wir ihre Heimatgefühle missachten; das ist sogar gefährlich, weil dann Nationalisten freies Spiel haben. Gegen eine skrupellose kapitalistische Globalisierung »von oben« kann man zunächst nur im nationalen Rahmen »von unten« ankämpfen, um von da aus international weiterzuwirken für ein vereintes Europa demokratischer Nationen.

Zurück zum Beitrag von Heute. Hier werden erstaunliche Parallelen dargelegt, etwa die Mieterproteste im Kaiserreich und heute, und prägnante Historiker wie Christopher Clark vorgestellt, die Muster des späten 19. Jahrhundert in der Weltpolitik wiederkehren sehen, die damals - nach Bismarcks Sturz - in die Katastrophe des Ersten Weltkriegs führten.

Und der schillernde Henry Kissinger, selbst für etliche Kriege als Schreibtischstratege verantwortlich, warnt heute wie einst Otto von Bismarck, den er in seiner berühmten Formulierung als „weißen Revolutionär“ charakterisierte, vor einem neuen Krieg. „Die Welt darf nicht in eine Situation wie vor dem Ersten Weltkrieg geraten; damals hätte keines der Länder, die den Krieg 1914 begonnen hatten, dies getan, hätten sie gewusst, wie die Welt im Jahr 1918 aussehen würde. [...] Wir können es uns einfach nicht erlauben, immer tiefer in diese Eskalationsspirale zu geraten.“

Noch ist nicht entschieden, ob wir die neue, die zweite Chance der deutschen Einheit nutzen können – weder national, noch europäisch, noch global.

Gerade wer den Gang der Dinge von 1871 bis heute betrachtet, erkennt: Der Fortschritt ist kein beständiges Fortschreiten, dazwischen ereignen sich die Katastrophen.

Gestern & Heute: Das Kaiserreich –in weiter Ferne und doch so nah

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Kommentare 6
  1. Michael Praschma
    Michael Praschma · vor mehr als 3 Jahre

    "Wir haben nun einmal eine gemeinsame Geschichte, so belastet sie auch sein mag, eine gemeinsame Kultur und Sprache, …" – Da klinke ich mich aus. Obwohl deutscher Staatsbürger mit ganz überwiegend deutschen Vorfahren und einem Beruf als Texter, der komplett von der deutschen Sprache abhängt – ein Dutzend anderer Merkmale als die deutsche Identität ist für meine Identität und für mein Gefühl der Verbundenheit mit anderen Menschen vorrangiger. Ich halte die Beschäftigung mit einer nationalen Identität bestenfalls für Zeitverschwendung und tendenziell immer für gefährdet, zum Nationalismus auszuarten. Im Rahmen meiner Möglichkeiten engagiere ich mich konstruktiv am gesellschaftlichen Leben und bin daher auch aktiver Staatsbürger. Aber mehr nicht.

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

      Aber hier geht es nicht um Identität, sondern um Kontinuitäten und Bruchlinien, um wiederkehrende Muster und Linien.

      Das Wort "Identität" kommt nicht einmal vor.

      Wenn sie allein die Quellen meines Texts lesen würden, wäre ihnen klar, dass hier international "gekocht" wird.

    2. Michael Praschma
      Michael Praschma · vor mehr als 3 Jahre

      @Achim Engelberg Das war auch nicht als Einwand gemeint, eher als Exkurs.

    3. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

      @Michael Praschma Ach so, dann war das ein Missverständnis.

    4. Cornelia Gliem
      Cornelia Gliem · vor 3 Jahren

      Ich hatte das mit der gemeinsamen Geschichte auch eher europäisch bzw. auch territorial verstanden: wer HIER lebt ... kommt gar nicht darum herum :-)

    5. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 3 Jahren

      @Cornelia Gliem So war es auch gemeint. Und bei der zweiten staatlichen Einheit 1990 sogar global (Sichwort Zwei-plus-Vier-Vertrag).

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